Grenzen
Passkontrolle. Der Beamte an der ungarisch-kroatischen Grenze kommt aus seinem Kontrollhäuschen und steht stillschweigend an der Schranke. Da wir nicht genau wissen, was er von uns möchte, sagen wir: „Wir wollen nach Kroatien.“ Logisch, schließlich stehen wir an der Grenze! Auf jeden Fall hat unsere Aussage den Mann erheitert und er zeigt grinsend in Richtung Kroatien, als wolle er sagen: „Ja, es ist dort drüben!“ Danke! Wir zeigen unsere Pässe, passieren, und befinden uns im Zwischenraum der zwei Länder. Für die Kontrolle auf der kroatischen Seite ist eine junge Frau zuständig. Im Hintergrund einige Männer. Ich frage mich, ob es die Uniform ist, die an ihnen so Respekt einflößend wirkt? Oder vielleicht die versteinerten Mienen? Die ernste, fast maschinelle Art, in der die Fragen gestellt werden: „Where are you going?“ – Wohin wollt ihr? „Nach China!“ ist Timms schlagfertige und knappe Antwort. Absolut passend, denn die Beamten lächeln nun und in ihren Gesichtern spiegelt sich so etwas wie Anerkennung und Symphatie wieder. Auch an der serbisch-kroatischen Grenze löst die Antwort „China“ den gleichen Effekt aus.
Serbien ist in meinem Kopf unweigerlich mit dem Thema Krieg verbunden. Doch eigentlich weiß ich rein gar nichts über das Land. Und wenn man nicht genau weiß, was einen erwartet, fühlt man sich erst einmal fremd und verloren. Kyrillische Buchstaben sind für mich unlesbare Zeichen. Auch die beiden bewaffneten Soldaten, die kurz nach dem Grenzübergang am Straßenrand stehen und uns ohne jegliche Mimik mustern, tragen nicht sonderlich zum Wohlbefinden bei. Wir überholen eine Kutsche, die von einem viel zu kleinen, wohl ehemals weißen Pferdchen gezogen wird. Ein schmuddelig wirkender älterer Mann grinst uns vom Bock aus zahnlos entgegen. Fast erschreckend ist das Bild, welches sich uns auf dem ersten Streckenabschnitt zeigt. Großflächig brandgerodete Gebiete. Der Geruch von brennendem Müll liegt in der Luft. Ein Mann, dessen Gesicht so schwarz ist wie die verbrannte Erde um ihn herum, bahnt sich seinen Weg durch die glimmenden Berge aus Plastik und anderer Überbleibsel. Doch umso weiter wir uns von der Grenzregion entfernen, umso mehr zeigt sich auch wieder die Natur ohne Schäden menschlichen Handelns. Die Leute begrüßen uns – im Gegensatz zu der eher verschlossenen und schüchternen Art der Ungarn – mit einer offenherzigen Freundlichkeit, winken uns zu, hupen, feuern uns an. Es ist schön und trägt dazu bei, dass wir uns in Serbien schnell wohl fühlen.
Lebende Tiere
Heute fahren wir die meiste Zeit entlang eines Dammes durch ein wunderschönes Naturschutzgebiet. Wir können uns nicht entscheiden, ob die Auenlandschaft mit den uralten, verwachsenen Bäumen eher als Kulisse für ein Märchen oder einen Gruselfilm wie Sleepy Hollow dienen könnte. Faszienierend ist sie allemal. Es ist kein Mensch in Sicht und es tut gut nach all den aufgeforsteten Wäldern, mit Bäumen in Reih und Glied, ein Stück belassene Natur zu entdecken. Unterhalb des Donaudammes befindet sich eine Wasserlandschaft, um die sich eine riesige Rotte Wildschweine mit etlichen Frischlingen tummelt. Ich stoppe abprupt und deute auf die Tiere. Diese bemerken uns beinahe gleichzeitig, behalten uns im Blick, lassen sich aber nicht wirklich stören. Timm will gerade die Kamera zücken, als ausgerechnet in diesem Moment zwei Traktoren heranknattern. Dieses Timing ist unglaublich! Die Wildschweine entscheiden sich nun doch für den Rückzug. Während die Familienbande ins Dickicht trabt, hält ein riesiger, dicker Eber Wache, beobachtet uns und die Umgebung und zieht sich dann als Letzter schließlich auch zurück. Wir sind begeistert eine so große Rotte gesehen zu haben und gleichzeitig auch ein wenig entäuscht, dass es nur für den kurzen Moment war. Die meisten Tiere, die uns bisher begegneten lagen tot im Strassengraben. (Auf unserer „Roadkill“-Liste sind wir mittlerweile bei 78 toten Tieren angekommen: von Rebhuhn, Schlange und Dachs, über Hunde, Schweine und Rehe, bis hin zu Füchsen, Eulen und einem Adler). Das ist zwar vielseitig, aber nicht die Art von Tierbeobachtungen, die wir uns wünschen. Naja, den Biber suchen wir ja auch immer noch!
Novi Sad
Ohne jegliche Erwartungen nähern wir uns Novi Sad. Verostete, verstaubte Wagen, deren Auspuff des Öfteren gefährlich nah über dem Asphalt hängt werden abgelöst von polierten Neuwagen. Zwischen den uns aus ländlicheren Gegenden bereits bekannten, eher bescheidenen Häusern, ragen nun einige Villen hervor. Sie sind durch hohe Mauern abgeschottet von ihrer Umwelt. Wohlstand und Armut bestehen hier direkt nebeneinander. Auf der einen Seite des Weges liegt ein vornehmer Tennisplatz auf dem Kinder in Markenklamotten unterrichtet werden, auf der anderen Seite eine Hütte, die gerade noch von Brettern und Plastiksäcken zusammengehalten wird. Die Ungleichheit ist erschreckend und dennoch fasziniert die augenscheinliche Toleranz und Koexistenz. Die Vorstadt besteht aus großen, grauen Hochhäusern deren Balkone überfüllt und zugestellt wirken: viele Menschen gedrängt auf engstem Raum. Kinder spielen inmitten von Müll mit verwahrlosten Hunden. Eine andere Welt. Ich fühle mich unwohl. Nicht, weil ich die Gegend beängstigend finde, sondern weil ich mich in meiner bunten Markenkleidung und auf meinem hochwertigen Fahrrad deplatziert und überheblich fühle. Doch wir scheinen überhaupt nicht aufzufallen. Es gibt keine abwertenden oder gar neidischen Blicke. Je näher wir dem Stadtzentrum kommen, desto mehr ändert sich meine Selbstwahrnehmung. Die Kleidung, welche mir eben noch protzig vorkam, fühlt sich nun schmutzig und plump an. Sehen und gesehen werden ist das Motto in Novi Sads Innenstadt. Frauen in engen Jeans und High Heels präsentieren sich zwischen den Leuten, die bei Zigarette und Kaffee in gemütlichen Stühlen unter Sonnenschirmen sitzen. Wie bei einer Modenschau, schieben wir die Räder durch die Menge und werden neugierig begutachtet.
Wir fragen uns durch auf der Suche nach einem günstigen Hostel. Es soll Eines mitten in der Innenstadt geben. Lorena wartet bei den Rädern. Von außen lässt nur die Klingel erkennen, dass es irgendwo in diesem Wohnblock ein Hostel gibt. Ich schleiche über Flure und Etagen, über Innenhöfe und Balkone. Kein Hostel. Nur ein Fahrrad. Moment, das kenne ich doch irgendwoher. Es ist Julians Fahrrad! (Der weissharige Waliser, der auch auf dem Weg nach Istanbul ist.) Leider hat Julians Hostel keinen Platz mehr für weitere bepackte Räder und Radler. Eine Etage tiefer entdecke ich bei meiner Suche ein Schild: „Deutschunterricht“. Ich klingel. Die Dame ist sehr hilfsbereit und gibt uns ihren Mann mit auf den Weg. Dieser versteht zwar kein Deutsch und auch kein Englisch, führt uns aber geradewegs zum nächsten Hostel. Perfekt, denke ich. Treppe rauf, durch die Tür. Oje, vertan! Das ist wohl die falsche Wohnung. Zwei ältere Damen sitzen auf dem Sofa im Wohnzimmer und schauen mich neugierig an. „Äh Hostel, ich… äh… I‘m searching for the Hostel.“ Oh man, peinlicher kanns jetzt nicht mehr werden. Die Damen reden in serbisch auf mich ein. Ich bin gefühlte vier Köpfe größer als sie. Aus einem Nebenzimmer kommt ein blonder, gelockter Typ etwa gleichen Alters hinzu. Er hingegen ist gefühlte vier Köpfe größer als ich. Er trägt eine zu kurze, schwarze Lederjacke und Cowboystiefel. Dönerfutternd erklärt er mir in einsilbigem Englisch und deutschem Akzent, dass das hier wohl das Hostel sei. „Wie jetzt? Hier wohnen doch zwei alte Damen?“ frage ich ihn. „Nein, die Chefin ist gerade nicht da. Aber ist kein Problem.“ Der Typ verschwindet wieder in dem Zimmer und lässt mich mit den beiden Damen zurück. Ahja, und wieviel kostet das hier? Ich brauche Ruhe und habe keinen Nerv meine müden Knochen für den Rest des Tages mit Zeichensprache auf Trab zu halten. Das nächste Hostel ist nur ein paar hundert Meter weiter. Von dem Besitzerpärchen werden wir freundlich empfangen und bekommen für den gleichen Preis statt Wohngemeinschaft mit Seniorenbetreuung ein nettes kleines Zimmer, mit französischem Bett, frischen Handtüchern und Stereoanlage.
Der absolute Geheimtipp
Wer kein Geld für eine Stadtführung zahlen will, und auch keine Lust auf die von Touristen überlaufenen “Sehenswürdigkeiten” hat, wer die Stadt intensiv und von allen Seiten erleben möchte, der sollte sich einfach auf die Suche nach einem Waschsalon machen.
So wie ich. Lorena hat fast unsere gesamte Wäsche in das große Badetuch gewickelt und fest verschnürt. Der riesige Wäschesack auf dem Gepäckträger unserer normalerweise eher wuchtig wirkenden Räder, lässt diese nun irgendwie lustig und klein erscheinen. Aber vielleicht liegt es einfach nur daran, dass ich auf Lorenas Fahrrad sitze, meine Füße auf dem Boden schleifen und ich mir dabei vorkomme wie auf ihrem Pony. So fahre ich mit diesem überdimensionierten Stoffkneul und dem unterdimensionierten Fahrrad durch Novi Sad. Ich frage hier und da die Passanten nach einem Waschsalon. Diese antworten mit: “Hier!” und “Da!” Und so lande ich hier und da: in Wäschereien, Hinterhöfen, Sackgassen und einem Spielcasino, was wohl früher einmal eine Wäscherei war.
Für 3 Euro inkl. Waschpulver, Zehn-Kilometer-Fahrradtour und Hinterhof Sightseeing durch Novi Sad, finde ich letzten Endes doch noch einen kleinen Waschsalon mit 3 Waschmaschinen. Der Inhaber liegt auf einer Couch und schaut gemütlich Fernsehen. Ich darf nach 2 Stunden wiederkommen und die frisch duftende und ordentlich zusammengelegte Wäsche abholen. “If you like it, you can come again” ruft er mir hinterher und ich antworte “Yes” und denke “maybe next year”.
Partycrasher
Am Nachmittag brechen wir in Novi Sad in Richtung der serbischen Hauptstadt auf. Es ist Samstag. Wir haben keine Eile, denn für die knapp 100 Kilometer bis Belgrad haben wir bis Montag morgen Zeit. Denn erst dann kann uns Rade empfangen, welcher uns eine Unterkunft zur Verfügung stellen wird. Der Weg führt uns erneut entlang recht stark befahrener Strassen. Der Verkehr nimmt noch mehr zu, als eine Hochzeitsgesellschaft – bestehend aus mindestens dreißig Fahrzeugen – sich hupend den Weg bahnt. Wir stimmen mit unseren Klingeln in das Hupkonzert ein. Die Strasse schraubt sich nun fort von der Donau eine wunderschöne Hügellandschaft hinauf und es tut gut immer mal wieder durch den ein oder anderen hupenden Autofahrer angefeuert zu werden. So fahren wir mal wieder, bis die Sonne am Horizont verschwunden ist. Inmitten der endlos weiten Ackerlandschaft – natürlich ohne jegliche Bäume – steht plötzlich ein großes Schild markant am Strassenrand: Restaurant und Pension. Vielleicht soll das ein Hinweis für uns sein! Wir schieben unsere Räder über den geschotterten Parkplatz auf dem eine Menge Autos stehen und werden neugierig begutachtet. Natürlich fallen wir auf, als wir in die Gaststätte eintreten, um nach einer Campingerlaubnis zu fragen. Wir stellen fest, dass wir wohl inmitten einer Veranstaltung gelandet sind. Hoffentlich keine Beerdigung! Doch eine Menge Kinder hüpft in bunten Kleidern lachend durch den Garten und auch sonst sieht man keine trauernden Gesichter. Ein junger, sehr freundlicher Kellner gibt uns das OK und schaut uns nur verwirrt an, als wir fragen, was es denn kosten würde! So schlagen wir unter neugierigen Blicken zwischen den Apfelbäumen unser Zelt auf, um uns darauf ein kühles Jelen Pivo im überdachten Biergarten (oder wie auch immer man das in Serbien nennen mag) zu gönnen. Ein Mann kommt schüchtern in Richtung unseres Tisches und stellt sich uns als der Besitzer vor. „I have a room for you.“ Überrascht erklären wir ihm dankbar, dass wir unser Zelt bereits aufgebaut haben, es für uns völlig in Ordnung sei, darin zu schlafen und wir dankbar sind, hier überhaupt zelten zu dürfen! Ungläubig schaut er uns an: „You don´t need to pay!“ Auch hier scheint es so, als wäre es den Leuten beinahe unverständlich, wie man um diese Jahreszeit draußen schlafen kann. Als wir ihm erzählen, dass wir in Deutschland bereits bei Minusgraden gezeltet haben, gibt er sich geschlagen, wiederholt aber, dass wir das Zimmer morgen früh zumindest zum Duschen benutzen können. Wir genießen unser Bier und lassen die Athmosphäre auf uns wirken. Von unserem Platz können wir beobachten, wie sich die Schar aus Kindern einen Spaß daraus macht, immer näher an unser Zelt heran zu schleichen. Es muss einen angsteinflößenden Eindruck machen, denn immer wieder rennen sie schreiend davon. Es tut gut zu sehen, welche Wirkung unser Zelt anscheinend auf Andere hat. Eine Band stimmt mit Gitarren ein serbisches Lied an und wir trauen unseren Augen kaum, als der Kellner beladen mit einem Brotkorb und zwei dampfenden Tellern vor uns steht. Gegrilltes! Ein Traum. Unser Grinsen ist so groß, dass es schwer fällt zu essen. Als uns zum Nachtisch auch noch zwei köstliche Kuchen serviert werden, fühlen wir uns wirklich wie im Paradies. Es fällt fast schwer, mit so viel Gastfreundlichkeit und Großzügigkeit umzugehen, da wir nicht wissen, wie wir uns am besten erkenntlich zeigen können. Vielleicht muss man es so sehen wie in dem Film „Das Glücksprinzip – Pay it Forward: Nach dem Prinzip „Weitergeben“ soll man drei anderen Menschen etwas Gutes tun. Diese geben den Gefallen nicht zurück, sondern helfen ihrerseits jeweils drei anderen Menschen. So breiten sich die guten Taten nach dem Schneeballsystem immer weiter aus“. Ein schöner Grundsatz, wie ich finde.
Noble Absteige
Da sich bis kurz vor Belgrad keine Zeltmöglichkeit bietet, fahren wir zu dem in unserer Karte eingezeichneten Campingplatz. Ein Mann lugt aus seinem Häuschen, begutachtet uns und unsere Fahrräder und fängt an Zahlen auf seinem Block zu addieren. Letztendlich kommt er auf den stolzen Preis von 1900 Dinar – also knapp zwanzig Euro und fügt noch hinzu, dass es aber kein warmes Wasser gibt. Auf dem Fenster, durch welches er uns anschaut und auf unsere Entscheidung wartet, klebt ein Sticker des ADAC und ich beschließe, mich bei diesem zu melden und eine passende Bewertung abzugeben – sobald wir Zugang zum Internet haben. Eine Frechheit! Dafür dass ich mein Zelt auf einer hässlichen Wiese aufschlagen darf, zahle ich keine zwanzig Euro. So drehen wir um und begeben uns ein paar hundert Meter weiter in Richtung einer Grünfläche, auf der sich einige Häuser in der Bauphase befinden. Meine Laune wird nicht besser, als ich mitsamt meines Fahrrads aufgrund einer Kuhle umfalle. Timm bricht nur in Lachen aus, da ich anscheinend einen merkwürdigen Laut wie „Ohj!” von mir gegeben habe und ziemlich blöd aus der Wäsche gucke.
Vier pompöse Villen entstehen am Rande der Steilküste. Doch umso näher wir ihnen kommen, umso deutlicher wird, dass die Entstehung wohl schon vor einigen Jahren begonnen haben muss und es fraglich ist, ob sie jemals fertig gestellt werden. Wir entscheiden uns für eines der mittleren Häuser. Zwei Flügel und in der Mitte ein großer kreisrunder Saal mit terassenartiger Empore. Ob es nicht gruselig ist, vor solch einer Bauruine zu Zelten? Doch, ist es! Aber wir wollen am Ende unserer Reise nicht als Angsthasen dastehen, weil wir ständig darüber berichten! So wachen wir am nächsten Morgen auf und siehe da – es ist Nichts passiert! Da wir nun mit großer Sicherheit davon ausgehen können, dass das Haus wirklich unbewohnt ist, entscheiden wir uns für eine kurze Besichtigung mit anschließendem Frühstück auf der Terasse. Der Blick auf die Donau, die breit unterhalb der Steilküste fließt und über der am Horizont Belgrad im Sonnenlicht thront, ist umwerfend und wir können nicht verstehen, warum diese Häuser keinen Besitzer finden.
Belgrad
Als erstes muss leider gesagt werden: Belgrad ist absolut nicht fahrradfreundlich! Wahrscheinlich haben noch nicht einmal die Autofahrer Spaß daran, sich durch die engen und überfüllten Strassen zu schieben. Und so werden die Fahrradhelme aufgesetzt und wir versuchen etwa das gleiche Tempo zu fahren, wie die Busse, deren Spur wir mitbenutzen. Die halbstündige Fahrt, bei der man ständig schauen muss, nicht von links, rechts, vorne oder hinten über den Haufen gefahren zu werden, ist anstrengender, als hundert Kilometer steil bergauf zu fahren. In Lederjacke und mit Sonnenbrille erwartet uns Rade freundlich lächelnd unter der Pancevo Bridge, um uns den weiteren Weg zu seinem Haus zu beschreiben. Auf der Brücke, die wir überqueren müssen, herrscht reger Verkehr und wir ziehen es vor, den schmalen Bürgersteig zu benutzen. Ich bin froh, wenn wir die andere Seite lebend erreichen, da die Brücke an manchen Stellen nicht mehr den vertrauenswürdigsten Eindruck macht und der Gehweg verdächtige Löcher aufweist. Wenn jedoch Busse und Lastwagen im Eiltempo darüber rasen können, wird sie wohl auch noch zwei bepackten Rädern inklusive dazugehöriger Personen Stand halten. Und ja, wir kommen sicher bei Rade an! Das Haus befindet sich in einer netten Vorstadt-Siedlung. Ein Schäferhund und ein kleiner, weißer Welpe luken aus dem Tor heraus. Wir sind überrascht, als Rade uns mitteilt, dass wir in der kleinen Wohnung alleine sind. Er wohnt inzwischen in der Stadt und nutzt sie nur gelegentlich. Nur sein 23-jähriger Sohn bewohnt die obere Wohnung.
Wir fühlen uns schon fast heimisch. Es tut gut, mal etwas länger an einem Ort zu verbringen und die beiden Hunde sind uns schnell ans Herz gewachsen. Dennoch kribbelt es in meinen Beinen und der Drang zum Weiterfahren wird immer stärker. So brechen wir auf in Richtung Bukarest.