Grüne Türkei
Die Landschaft, die uns in der Türkei begegnet übertrifft unsere Erwartungen. In unserem Kopf hatten wir ein Bild von einer bergigen recht kargen, sogar teilweise staubtrockenen Türkei. Doch im Norden des Landes regnet es viel und die Wälder und Wiesen erinnern an eine Mischung aus Skandinavien und tropischem Urwald.
Obwohl wir einige Tage “Abstand” vom Outdoorleben genommen haben und es uns dank türkischer Gastfreundschaft richtig gut gehen ließen, fühlen sich unsere Körper ziemlich schlapp an. Nach dem entspannten Fahren entlang der Donau auf meist flachen Strassen machen sich die Zeit der Grenze abrupt beginnenden Höhenmeter der Türkei bemerkbar. Nachdem wir den halben Tag damit verbringen unsere Räder einmal gründlich zu reinigen und die Ketten zu wechseln machen wir uns auf den 180-km-langen Weg durch die bergige, sattgrüne Landschaft der Türkei in Richtung Schwarz-Meer-Küste.
Wir schleichen im Schneckentempo die stetig ansteigende Strasse hinauf. Eine Wiese am Waldrand sieht angesichts des Grades unserer Erschöpfung äußerst verlockend aus und wir beschließen es für diesen Tag bei erbährmlichen 8 Kilometern zu belassen! Ein neuer Rekord! Doch unser Körper dankt es uns und wir starten nach einer erholsamen langen Nacht mit neuer Energie in den nächsten Tag.
Die Strasse meint es heute gut mit uns. Das Wetter nicht. Bei subtropischem Regen geht es in einem angenehmen Auf und Ab durch die wunderschöne Berg-Landschaft, die uns stark an die Alpen erinnert. Alte, rustikale Häuser aus Holz und das Hallen von Kuhglocken in der Ferne. Obwohl die Natur hier wie gemacht dafür ist, entdecken wir kaum Tiere. An einem Canyon legen wir eine kurze Pause ein, als sich plötzlich Etwas in den Büschen auf der anderen Seite bewegt: Bären!!! Eine Mutter mit ihrem Kleinen. Wow! Und dank des Graben können wir sie in Seelenruhe beobachten. Dennoch ist es auch ein wenig beängstigend, da wir vor fünf Minuten noch genau auf dieser anderen Seite waren und dort auch die letzte Nacht verbracht haben. Ok. Ab jetzt wird das Essen wirklich auf die Bäume gehängt!!!
Einstellungssache
Man merkt schnell, ob ein Dorf oder eine Stadt streng muslimisch oder eher modern liberal eingestellt ist. In manchen Orten sieht man haupsächlich Männer entlang der Strasse beim Romé spielen und Cay trinken. Frauen zeigen sich nur mit Kopftuch. Und auch die Blicke, die uns beiden “europäischen Touristen” begegnen, erzählen viel. Dagegen folgt in manchen Städten dem Ortseingangschild eine Alkoholreklame und einige Bars finden sich entlang der Strasse. Frauen hinter dem Steuer anstatt zusammen mit dem Hund auf dem Anhänger des Traktors sitzend. Ich muss immer wieder Schmunzeln, da mir bisher fast überall die vollbusige, leichtbekleidete Pamela Anderson Chips-kauend von einem Plakat entgegenlächelte. In einem Ort, in dem anscheinend nicht allzu oft “Touristen” vorbei kommen und uns die Menschen eher mit kritischen Blicken als mit einem freudigen “Merhaba!” begrüßen, stoppen wir vor einem Internetcafe, um mal wieder Kontakt zur Aussenwelt aufzunehmen. Gerade als es weiter gehen soll, hält vor uns ein Polizeiwagen. Der Beamte bittet uns um unsere Reisepässe und meint er müsse diese zur Kontrolle mit zum Revier nehmen. Da ich meinen Pass – mitsamt aller VISA – nicht einfach so aus der Hand gebe, folgen wir ihm durch das Dorf zu seinem Büro. Ich habe das Gefühl, dass die Blicke der Leute jetzt noch unfreundlicher sind und bin wütend auf den Beamten, da ich die ganze Situation als unnötig und demütigend empfinde. Timm geht mit dem Beamten, ich setzte mich wie ein kleiner Sträfling in den Schatten zu den Rädern und warte…
Timm: Der Beamte ist höflich und freundlich, ich bin nur höflich. Ich verstehe das Problem nicht. Keiner der Beiden in dem spärlich eingerichteten Büro spricht Englisch. Einer kopiert die Pässe, der Andere telefoniert mit irgendeiner Zentrale und sagt immer wieder Lorenas Namen. Letzendlich scheint Google-Translate das Problem zu lösen. Die erste Frage die er mir stellt: “Seid ihr verheiratet?” Ich antworte: “Nein. Problem?” Er: “Nein” und grinst. Damit hat sich scheinbar auch das Telefonat erledigt. Er legt auf. Ich bekomme die Pässe wieder und wir dürfen weiter fahren. Tolle Aktion!
Auf Bärenjagd
Berg in Sicht! Bevor wir diesen in Angriff nehmen, muss ich noch mal schnell auf Toilette. Ich laufe in einen geschotterten Weg hinein. Da entdecke ich neben mir etwas leicht beängstigendes. Das kann doch nicht…? “Tiiiimmm!!!!” Der Weg ist nach dem morgigen Regen fast komplett getrocknet. An einer Stelle befindet sich eine lehmige Wasserpfütze. Und durch diese ist augenscheinlich vor nicht allzu langer Zeit ein Bär marschiert. Riesige Tatzenabdrücke – wie mit der Schablone hineingedrückt – markieren die Spur des Riesen. Das weckt Timms Jagdinstinkt! Bewaffnet mit unseren Kameras und der Tonangel gehen wir auf Bärenjagd. Nun ja, die Tonangel habe ich in diesem Fall eher als illusionäre Verteidigungswaffe gegen den Bären anstatt als Teil der Filmausrüstung dabei.