Kapitel 28: Gastbeitrag
TRABZON

Tag 7 (Abschied)

Jens: Ich sitze im Bus und habe mich gerade das zweite Mal in diesem Jahr von meinem Bruder verabschiedet. Wenn alles nach Plan läuft, dann war es für dieses Jahr gleichzeitig auch das letzte Mal. Der Abschied war notgedrungen kurz und schmerzlos, aber jetzt schnürrt sich mir die Kehle zu: verdammte Melancholie. So viel was noch hätte gesagt werden können… Es war herausfordernd, interessant, anstrengend, abwechslungsreich, spannend und ziemlich irre. Kurz: Es waren unvergleichliche Tage! Ich danke Euch dafür, passt auf Euch auf! Ich habe gerade eine Woche Türkei hinter mir, geografisch und inhaltlich fern ab von einem Alanya-All-Inclusive-Pauschalurlaub. Eine Woche, in der so viel passiert ist. Wenn ich gefragt werde wie es war, dann lautet die lapidare Antwort “Gut.”, denn ich weiß nicht wie ich all das Erlebte in einen Satz packen soll. Zwei Stunden dauert die Fahrt von Ardesen zurück zum Flughafen von Trabzon und die Stationen der gemeinsamen sieben Tage ziehen im Zeitraffer an mir vorbei.






Ein unausgesprochender Wunsch

Timm: Als uns unsere Eltern in Istanbul unter ominösen Vorwänden nach unserer Hoteladresse fragten, hofften wir insgeheim auf einen Überraschungsbesuch. Zum Einen, weil wir unsere Familie schon lange nicht mehr gesehen haben und zum Anderen, weil es schwierig ist das Erlebte für Andere begreifbar zu machen. Warum also nicht, anstatt über Skype, Telefon und Email, sich einfach persönlich ein Bild davon machen, wie es ist, mit dem Fahrrad nomadengleich zu Reisen. Aber wie ihr ja wisst, war anstatt der Familie ein Paket auf dem Weg zu uns. Umso glücklicher waren wir, als wir letzte Woche erfuhren, dass Jens (mein Bruder) mit dem Gedanken spielt, uns ein paar Tage durch die Türkei zu begleiten.







Ankunft

Timm: Lorena und ich fahren mit den unbepackten Rädern die zwei Kilometer von unserem Gästehaus zum Flughafen, welcher sich direkt am Meer zierlich in die Bucht von Trabzon drängt. Es fängt leicht an zu Nieseln, obwohl wir über uns keine Wolke entdecken können. Komisches Wetter. Wir suchen uns ein schönes Plätzchen, um den Flieger aus Frankfurt (bzw. Istanbul) landen zu sehen. Zwischen uns und der Landebahn befindet sich nur ein hüfthoher Zaun. Deshalb beschliessen wir, kräftig zu winken, in der Hoffnung mein Bruder wird uns aus dem Flieger sehen. Ein Wachposten kommt lachend aus seiner Kajüte und erklärt uns, dass dies nicht der Flieger ist auf den wir warten. Ups. Beim zweiten Flieger winken wir dann nur noch halb so euphorisch. Könnte ja der Falsche sein… Ist er aber nicht! Wir schieben die Räder zum Gate. Nervös warten wir auf einen ungebräunten, in Shorts gekleideten jungen Mann, der zwischen Kopftüchern und schnurrbärtigen Männern hervorstechen wird: Meinen Bruder Jens!
Ich freue mich riesig, als endlich die Schiebetür aufgeht und er mit einem überdimensionalen Paket vor uns steht. Seine erste Frage: “Wie zum Teufel können die hier bei der Hitze in langen Hosen rumlaufen?”






Tag 0 (Ankunft)

Jens: Als der riesige Karton über das Laufband der Gepäckausgabe auf mich zu kommt, fällt mir ein Stein vom Herzen. Das Fahrrad ist auch angekommen und hat die Reise augenscheinlich unbeschadet überstanden, ich hingegen bin todmüde. Vor dem kleinen Gebäude des Inlandflughafens stehen schon die zwei Weltenbummler mit Umarmungen bereit. Die schwüle Nachtluft ist erdrückend und die ungewohnten Temperaturen treiben mir auf dem Weg ins Gästehaus die ersten Schweißperlen auf die Stirn. Während einer kurzen Rast in einem Imbiss unterziehen wir meinem deutschen Magen direkt einem Härtetest: In Salat gewickeltes rohes Rinderfleisch. Die ganze Familie beobachtet interessiert die ungewöhnliche Kundschaft. Das EM-Spiel auf dem Fernsehgerät scheint vergessen. Angekommen in unserer Unterkunft wird mir bewußt, dass ich kein einziges Wort Türkisch spreche oder verstehe und mir Englisch oder Deutsch auch nicht weiterhelfen. Meine Kommunikation beschränkt sich also auf entschuldigendes Lächeln, Nicken und immer wieder richtet sich mein Blick hilfesuchend auf Lorena und Timm, die dem Radebrechen mit ihrem Vokabular einen Sinn zu geben scheinen. Statt des Kinderbetts im Pärchenzimmer wird mir die “Präsidentensuite” zugewiesen, aber hier ist so viel neu für mich, dass für ein “Warum” in meinem Kopf kaum Platz ist. (Im Gegensatz zu Timm: “Boah! Warum haben wir denn nicht DAS Zimmer bekommen?”)






Unser Guesthouse in Trabzon...

Unser Guesthouse in Trabzon...

Tag 1 (Sümela)

Jens: Am nächsten Morgen bekommen wir trotz Protest ein “türkisches Frühstück” serviert, Weißbrot, schwarze Oliven, Käse, Tomaten, Gurken und den obligatorischen Tee. Als ich auf die Terrasse trete, wird mir im Licht der bereits unbarmherzigen Morgensonne die fantastische Lage des Anwesens bewusst: Das Haus thront auf einem Steilhang 20 Meter über dem Meer, kleine Wege winden sich durch den Garten abwärts, überbordende Vegetation und schroffes Gestein kämpfen um die beste Aussicht. Wir beschließen, eine weitere Nacht in einem normalen Bett zu verbringen, denn die Website braucht etwas Zuwendung, ich brauche türkische Lire und es müssen noch einige Dinge in der Stadt besorgt werden. Aber der erste Programmpunkt ist “Sümela”. Das alte orthodoxe Kloster presst sich in 1200 Metern Höhe an die vertikale Felswand. Eingerahmt wird das Ganze von einer subtropisch anmutenden Umgebung, was die Besichtigung selbst für einen Kulturbanausen wie mich interessant macht. Dabei gerät völlig zur Nebensache, dass Baumwollhemd und Synthetikhose seit Stunden gleichermaßen an meinem 40°-Körper kleben. Nachdem der Kleinbus seine Insassen wider Erwarten lebend in Trabzon ausspuckt, geht es zum Shopping. Edding und Klebeband stehen u.a. auf der Liste. Letzteres finden wir nach 30 Minuten in einem Rohbau-ähnlichen Kleinstladen, in dem es nach verwesendem Hund riecht. Die Gralssuche nach dem Edding geben wir zugunsten von Haselnüssen und getrockneten Früchten auf. Zurück im Basislager nehmen wir ein Bad im Schwarzen Meer, Premiere! Dank Timms professionellen Kochkünsten gelingt ihm und mir eine Bolognesesauce mit 800g Tomatenmark. Ich hoffe du weißt jetzt, was du an Lorenas Essen hast ;)





Das Sumela-Kloster ist ein ehemals griechisch-orthodoxes Kloster aus byzantinischer Zeit in der Nordosttürkei in der Nähe von Trabzon. Der Name stammt vom griechischen Melas (Schwarz), nach dem Namen des Berges, auf dem das Kloster steht.

Das Sumela-Kloster ist ein ehemals griechisch-orthodoxes Kloster aus byzantinischer Zeit in der Nordosttürkei in der Nähe von Trabzon. Der Name stammt vom griechischen Melas (Schwarz), nach dem Namen des Berges, auf dem das Kloster steht.


Das Kloster liegt 45 km südlich von Trabzon im Altindere-Nationalpark im Zigana-Gebirge in 1071 m Höhe. Es ist etwa 270 Meter oberhalb einer Schlucht in den Fels gehauen und gebaut.

Das Kloster liegt 45 km südlich von Trabzon im Altindere-Nationalpark im Zigana-Gebirge in 1071 m Höhe. Es ist etwa 270 Meter oberhalb einer Schlucht in den Fels gehauen und gebaut.


Das Schwarze Meer ist nun warm genug zum Baden! Und das Wetter sowieso...

Das Schwarze Meer ist nun warm genug zum Baden! Und das Wetter sowieso...

Tag 2 (Tünel)

Jens: Es sieht stark nach Regen aus, also bestes Fahrradwetter. Irgendwie dachte ich, das mit dem Packen ginge schneller. Als wir endlich losrollen ist es um die Mittagszeit. Der für uns vorgesehene Standstreifen der beidseitig dreispurigen Autobahn erinnert nur wenig an mir bekannte Fahrradwege und in meinem Bauch macht sich Unbehagen ob der kommenden Tage breit. Auf hunderten Kilometern vergewaltigt ein betongewordener ADAC-Feuchttraum die Schwarzmeerküste. In dem befahrenen Streckenabschnitt ist die natürliche Küste zu 95% vernichtet. Die künstliche Symmetrie der Wellenbrecher und schnurgeraden Aufschüttungen aus riesigen Steinklötzen macht eine Nutzung jenseits von Hochseeangeln und Autofahren unmöglich. Wir sind hier eindeutig eine Randerscheinung. Jeder zweite LKW läßt im Vorbeifahren seine Schiffshorn-artige Hupe ertönen, die Intention dahinter bleibt oft unklar. Es ist in jedem Fall unangenehm. Eine besondere psychische und fahrtechnische Herausforderung sind die immer wiederkehrenden Tunnel. Auf einem schmalen Wartungssteig rollen wir im Schneckentempo an die Wand gepresst über wacklige Betonplatten und versuchen den im Boden verankerten Stahldrähten auszuweichen und die Luftverwirbelungen der großen Transporter auszugleichen. Einzig angemessene Reaktion: Galgenhumor. Neben Gastank und Toilette einer Tankstelle bietet man uns zum Glück einen Schlafplatz an. Als wir gerade auf dem steinigen Erdboden unsere Zelte ausbreiten, kommt in Form von “Hello, my friend!” und Halbglatze der Stimmungskiller des Tages auf uns zu. Wir könnten hier dann leider doch nicht übernachten, zu gefährlich, sagt er, während er neben dem Warnschild beiläufig seine Zigarette entsorgt. Ich verwerfe Mord im Affekt zu Gunsten von stillem Hass, während wir schnell unser Gepäck verstauen, es fängt auch noch zu Regnen an. Eine halbe Stunde später entdecken wir in der Dämmerung hinter einigen Büschen ein Stück Kiesstrand, 6 Meter neben der Autobahn. Ohne LKW, Autos, Müll und Regen wäre dieser Schlafplatz das reinste Idyll. Wir finden zwischen dem “Treibgut” ein paar halbtrockene Styroporstücke, die uns beim Abendessen unter der Plastikplane als Stuhl dienen. Lustig ist das Zigeunerleben…!





Wir fühlen uns wie in einem Indiana Jones Computerspiel. Wir fahren auf einem kleinen Steg aus aneinandergreiten Steinen. Ständig tauchen Hindernisse auf, denen wir ausweichen müssen, wie in unseren Weg ragende Notfalltelefone, marrode oder als Sprungschanze hochragende Steinplatten und von hinten mit grollendem Geräusch heranrasende LKW.

Wir fühlen uns wie in einem Indiana Jones Computerspiel. Wir fahren auf einem kleinen Steg aus aneinandergreiten Steinen. Ständig tauchen Hindernisse auf, denen wir ausweichen müssen, wie in unseren Weg ragende Notfalltelefone, marrode oder als Sprungschanze hochragende Steinplatten und von hinten mit grollendem Geräusch heranrasende LKW.


Geschafft!

Geschafft!


Für uns ein alltägliches Bild - Für Jens eine neue Welt

Für uns ein alltägliches Bild - Für Jens eine neue Welt


Eine Sache des Blickwinkels: Von dieser Seite aus, wirkt der Strand beinahe idyllisch...

Eine Sache des Blickwinkels: Von dieser Seite aus, wirkt der Strand beinahe idyllisch...


Auch am nächsten Morgen lässt der Regen nicht nach. Wie kommt all das Wasser in die Wolken?

Auch am nächsten Morgen lässt der Regen nicht nach. Wie kommt all das Wasser in die Wolken?


Doch der Regen kann uns nichts anhaben...

Doch der Regen kann uns nichts anhaben...


Da hört der Weg einfach auf!

Da hört der Weg einfach auf!


Türkisches Workout

Türkisches Workout

Tag 3 (Autobahn)

Jens: Es hat fast die ganze Nacht durchgeregnet und der kleine See in meinem 15-Euro-Discounter-Zelt bekommt stetig Nachschub aus der Naht am Fußende. Die vorbeirasenden Fahrzeuge, der Regen und die Wellen machen eine normale Kommunikation unmöglich, und so einigen wir uns stillschweigend, in unseren Zelten liegend darauf, das Frühstück hinauszuzögern. Unsere Regenjacken sind heute ständiger Begleiter. Das Gute an dem Wetter sind jedoch angenehme Temperaturen, die mir das Fahren deutlich erleichtern. Autos ziehen vorbei, Tunnel ziehen vorbei, ein eher ereignisloser Tag zieht an uns vorbei. Was gestern für mich noch Wahnsinn war, ist heute Tagesgeschäft. Einzig die Schlafplatzsuche sollte sich in dieser Gegend wieder als schwierig erweisen. Zu unserer Rechten wechseln sich Steilhänge, unbegehbares Dickicht und die typischen 90%-Rohbauten ab. Zu unserer Linken: Autobahn, 1-Meter Betonmauer und künstliche Steinküste, wobei wir diese und das Meer von unserer Position meist kaum sehen können. Während wir bereits seit ca. einer Stunde die Augen nach einer Zeltmöglichkeit offen halten, kommen wir plötzlich an einer Ausbuchtung des Steilhangs vorbei. In diesen natürlichen Steinkessel ergießt sich ein Wasserfall in saftiges Grün, und ein schmaler, matschiger Trampelpfad lockt uns direkt hinter der Leitplanke hinein in diesen versteckten Dschungel. Obwohl wir aufgrund der allesumfassenden Feuchtigkeit zunächst Bedenken haben, entpuppt sich der Ort als wahres Juwel. Spätestens als ich gesättigt und gebadet in meinem Schlafsack liege und mikroskopische Tropfen des rauschenden Wasserfalls mein Gesicht berühren, weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war.





An der verbauten Küste findet sich schließlich doch noch ein recht feuchtes, aber dafür paradisisches Plätzchen

An der verbauten Küste findet sich schließlich doch noch ein recht feuchtes, aber dafür paradisisches Plätzchen






Jede Menge fließendes Wasser um die Kleidung, das Geschirr und anschließend sich selbst zu waschen!

Jede Menge fließendes Wasser um die Kleidung, das Geschirr und anschließend sich selbst zu waschen!

Tag 4 (Weggabelungen)

Jens: Da Lorena und Timm mir noch mehr zeigen möchten als türkische Schnellstraßen, soll es heute in die Berge Richtung Kaçkar Nationalpark gehen. Wir quälen uns parallel zum Fluss langsam bergauf, Hitze und Autos die uns in den Kurven überholen treiben mich zur Weißglut. Als wir Çamlihemsin erreichen, bin ich froh, dass wir uns bereits nach einem Schlafplatz umsehen. Aber so einer ist mal wieder nicht in Sicht, denn das schmale Tal schlängelt sich durch ständig höher werdende Berge, das Leben findet hier in der Vertikalen statt: Tee und Haselnüsse, Häuser auf Stelzen, Seilzüge die irgendwo im Grünen verschwinden und Mensch und Material transportieren. Das einzige Hotel im Ort passt nicht in unser Budget und die Weggabelung nach dem Ortsausgang wird zur Zerreißprobe. Die Münze soll entscheiden, was unausgesprochen schon feststeht, der Weg nach rechts wirkt attraktiver. Gerade als wir losfahren wollen, entscheidet Timm sich dazu, doch noch “kurz” den anderen Weg einzuschlagen, man weiß ja nie was einen hinter der nächsten Kurve erwartet. Nach einer gefühlten Ewigkeit taucht er wieder auf: Keine 200 Meter von hier befindet sich ein kleiner Campingplatz im Aufbau, zwei Zelte und Kletterausrüstung konnte er entdecken! An den felsigen Boden muss die Wirbelsäule sich zwar erst noch anpassen, aber wir bekommen hier für wenig Geld eine Toilette und freundliche, unterhaltsame Gastgeber, was will man mehr?





Endlich Natur!

Endlich Natur!






Campingplatz am wilden Fluss

Campingplatz am wilden Fluss






Jens schläft im Ein-Mann-Zelt

Jens schläft im Ein-Mann-Zelt



Unterwegs mit zwei Wagenknechts

Lorena: Es ist toll, dass wir für ein paar Tage Unterstützung für unser Zweier-Team erhalten haben! Besonders Nachts fühlt man sich mit zwei starken Männern an der Seite noch sicherer! Mit zwei Männern unterwegs zu sein, kann aber auch teilweise etwas anstrengend sein – besonders mit zwei Brüdern – da sie eben wie Männer denken (aber das ist ja ein altbekanntes Problem zwischen Männchen und Weibchen), in manchen Punkten andere Ansichten teilen und es für mich dann nicht immer ganz so einfach ist Gehör zu finden. Also Mädels, wer auch immer von euch mich für ein paar Tage unterstützen will ist hiermit jederzeit herzlich eingeladen mitzuradeln!!!





Timm versucht sich beim Angeln...

Timm versucht sich beim Angeln...


Vielen Dank für die nette Unterkunft!

Vielen Dank für die nette Unterkunft!

Tag 5 (Almtourismus)

Jens: Heute findet in Ayder, dem Drehkreuz des Nationalparks, ein großes Fest statt. Trotz des regen Zulaufs lassen wir uns nicht von unserer geplanten Wanderung abbringen. Timm streckt am Staßenrand seinen Daumen raus und der erste Pick-Up nimmt uns mit nach oben. Nach einem 15-Minuten-Ritt stehen wir verblüfft in der überlaufenen Touristenhochburg, das hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt. In der kommenden halben Stunde müssen wir noch einige Nerven und Schweiß lassen, bis wir einen versteckten Bergpfad finden der uns aus diesem Tumult befreit. Einsamkeit, Ausblick und Landschaft waren die Qualen wert. Timm kann sich damit aber noch nicht zufrieden geben: Was am Meer die Delphine waren, sind in den Bergen die Bären. Und so würde er am liebsten immer “noch ein kleines Stück weiter”. Ich muss ihn widerwillig bremsen, auch mich ruft der Berg, aber Knie, Sonne, Proviant und Zeitplan ringen die Sehnsucht nieder. “Nächstes Jahr!”, bleibt zum Trost.





Per Anhalter auf der Ladefläche des Pickup auf den Berg...

Per Anhalter auf der Ladefläche des Pickup auf den Berg...


Fotograf in Action!

Fotograf in Action!


Uns erwartet der pure Tourismus...

Uns erwartet der pure Tourismus...


Es ist Sonntag und Picknick Time in der Türkei

Es ist Sonntag und Picknick Time in der Türkei


Hoch in die Berge. Weg vom Tourismus.

Hoch in die Berge. Weg vom Tourismus.


Wo ist denn jetzt der Weg?

Wo ist denn jetzt der Weg?


Vielleicht hier?

Vielleicht hier?


Oder hier?

Oder hier?


Hah!

Hah!

Tag 6 (Zilkale-Zyankali)

Jens: Der gestrige Tag hat meinem Sattel-geschädigten Gesäß eine Ruhepause verschafft. Heute wollen wir die Burg Zilkale mit dem Rad besuchen, auch ohne Gepäck eine Herausforderung: Es ist noch vor Mittag, aber die Sonne ist gefühlte 50° heiß, und der Steinkolloss laut GPS auf 1300 Höhenmetern gelegen. Wir philosophieren am Straßenrand gerade über die Ursache eines Schleifgeräuschs aus Lorenas Bremsanlage, da hält ein klappriger Kombi vor uns an. Ein kleiner, alter Mann grüßt freundlich und lädt uns in feinem Englisch auf einen Tee ein, sein Hotel liege sowieso auf dem Weg. Wenig später sitzen wir über dem tosenden Gebirgsbach auf seiner Terrasse, die an eine afrikanische Lodge erinnert, und kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Der Mann ist ein richtiger Weltenbummler, spricht fließend Englisch und Französisch, hat die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL ausliegen und ist der Besitzer eines Kleinods mitten im Niemandsland. (Der lesenswerte ZEIT-Artikel, der eingerahmt im Speisesaal hängt, ist auch online nachzulesen. Link!) Nach der Begegnung denken sich drei Menschen: “Wir hätten vorgestern gleich rechts abbiegen sollen.” Pünktlich zur Mittagshitze kriechen wir die Serpentinen zur Burg hoch, flüchten uns in spärliche Schattenflecken und überlegen ernsthaft ob wir einfach erzählen sollten, dass wir dort waren. Der schleimige Film aus Sonnenmilch, Blut und Wasser ist garantiert noch nach Jahren auf dem Kopfsteinpflaster zu sehen. Ausgerechnet an der Stelle, auf die wir uns letztlich als Umkehrpunkt geeinigt haben, können wir das Bollwerk entdecken, es befindet sich schräg unter uns: Bei aller Liebe, das Teleobjektiv muss reichen! Den restlichen Tag geht es abwärts, die Jungs vom Camp sind verabschiedet, der gesamte Hausrat verschnürt und beim gemütlichen Cruisen gen Normal Null kann ich mich entspannt von der mystischen Landschaft verabschieden. Zurück in der semi-urbanen Realität von Ardesen bekomme ich endlich die versprochenen Köfte und Künefe. Tesekkür ederim!





Traumhafte Landschaft...

Traumhafte Landschaft...


Alte, steinerne Brücken aus dem 17.Jhd...

Alte, steinerne Brücken aus dem 17.Jhd...


Britischer Akzent und britisch angehauchter Einrichtungsstil...

Britischer Akzent und britisch angehauchter Einrichtungsstil...


Der auf den ersten Blick schrullige Mann spricht neben Türkisch und Französisch auch perfektes Englisch mit britischem Akzent und scheint eine interessante Lebensgeschichte zu haben...

Der auf den ersten Blick schrullige Mann spricht neben Türkisch und Französisch auch perfektes Englisch mit britischem Akzent und scheint eine interessante Lebensgeschichte zu haben...


Noch eine alte Brücke...

Noch eine alte Brücke...





Da waren es nur noch Zwei

Lorena und Timm: Rund 100 Tage Leben als Fahrradnomade ist schon eine lange Zeit, in der man sich an Einiges gewöhnt, viel Erlebt, eine Offenheit entwickelt und sich so schnell nicht mehr aus der Ruhe bringen lässt. So können wir kaum nachvollziehen, dass es für Jens ein “Sprung ins kalte Wasser war”. Eine neue Kultur und Mentalität, andere Temperaturen, eine neue Sprache, anderes Essen. Wir verleihen dir hiermit die Auszeichnung für den tapfersten Mitfahrer, den wir je hatten! Du hast die 7 Tage mit Bravur bestanden! Gefährliche Tunneldurchfahrten gemeistert, verschiedene Klimazonen durchlebt, steile Berge bei glühender Hitze bezwungen, in wilden Fluten gebadet, die Schlafplatzsuche überstanden, dein Magen fremdes Essen erfolgreich verdaut und vor allem Abwechslung in unserer Alltag gebracht! Es war schön, dass du da warst!!!