Bonney Hostel – Treffen der Nationalitäten
Die Tage in Tbilisi verbringen wir in einem wirklich zu empfehlenden Hostel. Die Dame, die uns überfreundlich empfängt, spricht perfektes Englisch und zeigt uns wo wir alles finden, so dass wir uns direkt wohl fühlen. Da alle Privaträume belegt sind – und uns nicht nach Mehrbettzimmer ist, da wir mal etwas Ruhe und Privatsphäre brauchen – bietet man uns an, in der angrenzenden Wohnung unterzukommen. Sie gehört zwei etwa 70-jährigen Schwestern, die eines ihrer Zimmer für Gäste vermieten. Die Beiden erscheinen uns wie die Schwiegermutter aus einem Film, von der man nicht genau weiß, welche Rolle sie spielt. Sie sind überfreundlich, es werden Kekse und Tee serviert, der Müll herunter getragen. Die Fenster geöffnet, wenn es warm ist. Die Fenster geschlossen, wenn es regnet. Dennoch beäugen sie kontrollierend jeden unserer Handgriffe. Jede Gelegenheit wird genutzt, das Zimmer zu betreten. Wir können uns gut vorstellen, dass sobald wir die Türe hinter uns schließen, heimlich durch das Schlüsselloch gelunst wird.
In dem angrenzenden Hostel mit Wohnzimmer-Atmosphäre treffen sich die verschiedensten Menschen aus den verschiedensten Nationen: Schweitzer, Deutsche, Finnen, ein Iraner… Es tut gut, wieder einmal unter gleichaltrigen Leuten zu sein. Die schrägen Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein und entsprechen oft den Klischees ihres Landes, welche ausgiebig unter Lachen und mit Bier parodiert werden.
Sightseeing in Tblisi
Eine Nacht bei der Polizei
Da wir wie immer mal wieder ein Menge zu schreiben haben, können wir uns kaum vom Computer lösen, so dass wir das Bonney Hostel erst spät am Nachmittag verlassen. Der Plan: Raus aus der Stadt! Tbilisi ist eine Stadt von der man behaupten kann, dass sie nun absolut nicht für Radfahrer gemacht ist! Die Verkehrsführung ist eine Katastrophe. Ständig stehen wir vor einer vierspurigen Strasse und wissen nicht, wie es möglich sein soll, sie zu überqueren! Ampeln? Fehlanzeige. Im Sonnenuntergang lassen wir dann endlich das vielbevölkerte Stadtgebiet hinter uns und entdecken schließlich eine kleine Polizeistation mit eingezäunter Grünfläche. Kurzerhand fragen wir unseren Freund und Helfer, ob es möglich wäre für diese Nacht sozusagen polizeilichen “Schlafschutz” zu erhalten. Wer die letzten Kapitel verfolgt hat, weiß dass wir mit der georgischen Polizei bisher eher sonderbare Erfahrungen gemacht haben. Doch jeder hat eine zweite Chance verdient! Die Männer begutachten uns erst skeptisch, bis schließlich einer mit einem großen Spaten neben uns steht, um den Untergrund von Steinen zu befreien. Als unser “Haus” steht, krabbelt ein neugieriger Beamter sogar hinein, und besichtigt auf allen Vieren kriechend unsere vier Wände. Wir bekommen Kaffee und unterhalten uns mit einem jungen Beamten, der sehr interessiert ist an unserer Reise – diesmal wohl wirklich aus rein privaten Gründen. “Wodka?”, fragt uns Einer. Doch da uns die Kombination aus Wodka und Polizei nicht als die Beste erscheint und wir damit schon so unsere Erfahrungen gemacht haben, lehnen wir dankend ab und verkriechen uns in unser Zelt. Das Fotografieren wurde uns auf dem Polizeigelände untersagt. Woran wir uns auch hielten, denn wir wollen unsere neuen Freunde ja nicht verärgern!
Ein unbekanntes Fahrobjekt
Sonderbar erscheint uns das, was sich da vor uns auf der Strasse bewegt. Ein Fahrrad, ein Mann, aber was ist da an dem Rad angebracht? Wäre es ein Radreisender, hätte er wirklich ein Menge Gepäck dabei! Beim Näherkommen lösen wir das Rätsel: Plastiktüten! Das Fahrrad ist über und über mit ihnen behangen. Der Inhalt: leere Plastikflaschen. Wer ist dieser merkwürdige Mann? Ein Obdachloser? Auf der einen Seite wirkt er sehr verwirrt, erklärt uns, dass er Flaschen sammelt und dann nach Tbilisi fährt um sie dort zu verkaufen. Rund 100 Km von hier. Er spricht Deutsch und einige andere Sprachen, welche er sich aus Interesse selbst angelernt hat. So wirkt er ein wenig enttäuscht, als wir die Einladung, ihn zu seinem Haus begleiten, ausschlagen. Er hätte gerne seine Sprachkenntnisse aufgefrischt. Wir verabschieden uns, da er am Strassenrand anhält, sagt, er müsse hier arbeiten, und damit beginnt den Inhalt der etlichen Plastiktüten in den Strassengraben zu befördern: “Hole ich später wieder ab!”
Sighnaghi
Auch wenn es uns mal wieder ein paar Höhenmeter mehr abfordert, legen wir einen kleinen Schlenker zu der Stadt Sighnaghi ein, welche auf einem Berg liegt und einen wunderbaren Blick auf den Großen Kaukasus ermöglicht – sofern keine Wolken vorhanden sind!
Übernachtung im Hühnerstall
Häuserfreie Zone? Die gibt es hier nicht. Entlang der Strasse, die zur Grenzstadt Lagodekhi führt, findet sich kein unbewohntes Fleckchen. Das bedeutet wir müssen heute Abend wohl mal wieder einen “Frager” machen (Ein “Frager”: ugs. das Fragen nach einem Campingplatz in dem Garten eines Anwesens). Eine Frau steht mit einem kleinen Kind auf dem Arm vor dem Tor ihres Hauses und lächelt uns freundlich winkend zu. Wir “schnappen” nach dem Haken und landen kurz darauf im “Hühnerstall”! Auf der kleinen Wiese, die uns als Zeltplatz dienen soll, tummeln sich etliche kleine Küken. Wir sind wieder einmal erstaunt, wie gastfreundlich die Georgier sind und dass keine Scheu oder Angst besteht zwei völlig Fremde im eigenen Garten übernachten zu lassen. Dennoch beobachtet uns die Familie eher schüchtern mit etwas Distanz, da eine Verständigung nur mit Händen und Füßen möglich ist. Erst als wir gemeinsam den Stall besichtigen und Timm sich beim Kuhmelken probiert ist das Eis gebrochen.