KAPITEL 40°C: Hohe Temperaturen
USBEKISTAN

Wir wissen nie genau, wohin uns die Strasse an diesem Tag führt. Wer uns begegnet. Was wir erleben.

Wir wissen nie genau, wohin uns die Strasse an diesem Tag führt. Wer uns begegnet. Was wir erleben.

Ein eher suboptimaler Tag

Der Tag beginnt mit einem Platten. Wertvolle Zeit die wir verlieren, da mit jeder Minute die Temperatur steigt. Als der Reifen nach einigen Kilometern erneut Luft verliert ist auch bei uns die Luft raus. Die morgendliche Motivation an unsere Kilometerleistung von gestern anzuknüpfen weicht der Ernüchterung, dass die Uhr nun schon Elf anzeigt.



Noch ist es angenehm kühl...

Noch ist es angenehm kühl...

Lorena: Am Nachmittag erreichen wir Beruni. Während Timm bei ein paar Männern steht, um heraus zu finden, ob es eine Busverbindung nach Bukhara gibt, kommt ein Mann auf mich zu. Ein in Uzbekistan unübliches Verhalten, da dieser normalerweise zuerst einmal den Mann begrüßt und anspricht und nicht dessen Frau. Doch ich bin Europäerin, was manche Männer aus unerklärlichen Gründen dazu bewegt, ihre Sitten zu vergessen. Dies bestätigt sich auch noch darin, dass er meine Hand nach der Begrüßung länger als nötig festhält.
Als wir weiter fahren, lässt der alkoholisiert wirkende Mann nicht ab von uns. Es gesellt sich sogar noch ein Zweiter dazu. Mit ihren quietschenden Fahrrädern bleiben sie uns dicht auf den Fersen. Genervt stoppe ich abrupt mein Fahrrad und mit “Bye-Bye” und ähnlichen Gesten demonstrieren wir den beiden Männern deutlich, dass sie sich bitte verabschieden sollen. Sie tun so, als würden sie uns nicht verstehen. Eine Polizeistreife hält neben uns – und siehe da – die Männer fahren davon. Der Polizeibeamte fragt uns gelangweilt, ob es ein Problem gäbe und hält es nach unserer Schilderung der Situation wohl nicht für nötig noch mehr Zeit zu investieren. Er fährt davon, und kurz darauf sind die zwei Männer wieder da. Wir stoppen erneut, denn wir befinden uns nun am Ortsausgang und möchten nicht riskieren mit den leicht aggresiv wirkenden Männern in die Einsamkeit zu radeln.
Zwei Frauen sehen, dass es gewisse “Verständigungsprobleme” gibt und kommen hinzu. Ebenso ein Mann auf einem Motorrad. Die jüngere der Beiden spricht Englisch und übersetzt für uns: “Die Herren möchten Geld von Ihnen, dafür dass Sie Ihnen den Weg gezeigt haben!” erklärt sie höflich und etwas naiv. Ich muss mich beherrschen nicht laut zu lachen, was unsere Verfolger nur noch wütender macht. Glücklicherweise lädt uns die in Bishkek studierende Leila in diesem Moment zu sich nach Hause ein und wir “flüchten” mit ihr zusammen in Richtung der Wohnhäuser, während der Motorradfahrer die nun wütenden Männer davon abhält handgreiflich zu werden. Der aufgebrachte Verfolger fährt mit grimmigem Blick an uns vorbei und macht uns mit erhobenem Stinkefinger klar, dass er die internationale Zeichensprache wohl doch recht gut beherrscht.



Zum Abendessen wird uns ein usbekisches Festmahl serviert.

Zum Abendessen wird uns ein usbekisches Festmahl serviert.


Die Tafel wird sonst nur zu besonderen Familien-Anlässen genutzt. Von der Wand schauen uns die Ur-Groß-Eltern von Leila entgegen...

Die Tafel wird sonst nur zu besonderen Familien-Anlässen genutzt. Von der Wand schauen uns die Ur-Groß-Eltern von Leila entgegen...


Ein Familienfoto zur Erinnerung: Ausländische Gäste waren hier noch nie!

Ein Familienfoto zur Erinnerung: Ausländische Gäste waren hier noch nie!


Aufstehen!

Aufstehen!


Danke für die großzügige Gastfreundschaft und die Rettung in Not!

Danke für die großzügige Gastfreundschaft und die Rettung in Not!


Trotz usbekischer Hilfe zahlen wir für die Busfahrt den "Touristenpreis"...

Trotz usbekischer Hilfe zahlen wir für die Busfahrt den "Touristenpreis"...

Eine Busfahrt die ist lustig…

Nachdem sich ein kleiner Zug Verkäufer mit allerlei Leckereien durch den Bus gepresst hat, kann es endlich losgehen.
Auf uns warten 8 Stunden Fahrt. Doch schon nach einer halben Stunde stoppt der Bus: Mittagspause! Nachdem alle Einkäufe erledigt sind und Ersatzreifen aufgeladen wurden, geht es dann endlich weiter. Zum Glück führt die Straße durch die totale Einöde, sonst würde die Fahrt beim Shoppingwahn der Mitfahrer wohl einige Tage dauern. Entspannt lehne ich mich zurück und will mir gerade die Kopfhörer in die Ohren stecken, als es einen kleinen Tumult zwei Reihen hinter uns gibt. Einer der Fahrgäste hat sich soeben übergeben. Mit qualmenden Reifen kommt der Bus erneut zum stehen. Durch die Bremsaktion bahnt sich das Erbrochene seinen Weg nach vorne. Es liegen immernoch 7 Stunden Busfahrt vor uns und ich frage mich, ob ich den Geruch so lange ertragen kann. Doch der Geruch wird von Schweiss, Somsa und Schaschlik überdeckt. Kurz vor Sonnenuntergang kommen wir in Bukhara an. Fast! Ich ahne nichts Gutes, als wir an einer verlassenen Kreuzung halten und als Einzige den Bus verlassen. Verunsichert frage ich den Busfahrer, wie weit Bukhara denn noch entfernt sei. “10Km” sagt der Babbsack beschämt und schliesst die Türen, um nach Tashkent weiterzufahren. Im Dunkeln rollen wir mit schlechter Laune durch die Vororte Bukharas, aber finden erstaunlich schnell ein nettes Plätzchen neben einem Hochzeits-Saal. “Gute Nacht, Timm-Boy” – “Gute Nacht, Lorena.”



Auf der usbekischen Autobahn in Richtung Bukhara! - Und wo schaut der Fahrer überhaupt hin?

Auf der usbekischen Autobahn in Richtung Bukhara! - Und wo schaut der Fahrer überhaupt hin?

Bukhara

Man könnte davon ausgehen, dass man in Usbekistan wohl kaum auf bekannte Gesichter trifft. Schon gar nicht in der Stadt Bukhara, in der es Hotels wie Sand am Meer gibt. Doch als wir den Innenhof betreten entdecken wir zwei Fahrräder – Evi und Uwe! Zusammen treten wir die Stadtbesichtigung an.
Bukhara – in einer großen Oase mitten in der Sandwüste Kisil Kum – ist eine Metropole meisterlicher mittelasiatischer Architektur deren Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe gezählt wird. Sie ist über 2500 Jahre alt und war ein wichtiger Knotenpunkt an der Seidenstraße. Trotz einer langen sowjetischen Herrschaft ist Bukhara eine orientalische Stadt geblieben, die vom Islam geprägt ist. Die Zitadelle Ark (die einst Palast der Herrscher und Sitz der Regierung war) stammt aus dem 7. und 8. Jahrhundert. Damals wurde auch das fast 50 Meter hohe Kalon-Minarett gebaut. Auf dessen Spitze brannte damals Tag und Nacht ein Feuer: Es war der Leuchtturm für die Kamel-Karawanen, die durch die Wüste nach Bukhara zogen. Aber Bukhara war immer auch ein Zentrum der Wissenschaften. Die Medrese Mir-e-Arab ist die einzige Hochschule in Zentralasien, an der seit über 400 Jahren ununterbrochen moslemische Geisteswissenschaften gelehrt werden.
Die Bauwerke sind eindrucksvoll mit Ornamenten verziert und kunstvoll geschnitzten hölzernen Türen. Leider bewegen sich in den Strassen, mehr Touristen als Einheimische, worunter die orientalisch mysthische Athomphäre leidet und man den Hauch der Vergangenheit nur noch erahnen kann. Doch auch wir sind Touristen und Teil der Outdoor-Sandalen und Zipp-Off-Hosen tragenden, fotografierenden Masse. Einzig in den Gassen zwischen den Lehmhäusern nimmt das “normale” Leben seinen gemächlichen Gang.







Lorenas Kleiderschrank bietet so viel Auswahl, dass sie das farblich passende Outfit für jede Stadt dabei hat.

Lorenas Kleiderschrank bietet so viel Auswahl, dass sie das farblich passende Outfit für jede Stadt dabei hat.


Teekannenschmiede

Teekannenschmiede


Die Verkäufer sind der Touristen müde. Gelangweilt gähnen sie die Preise.

Die Verkäufer sind der Touristen müde. Gelangweilt gähnen sie die Preise.


















Den Kids dienen die Dächer der Altstadt als Spielplatz.

Den Kids dienen die Dächer der Altstadt als Spielplatz.


Uwe, Evi, Lorena und Timm

Uwe, Evi, Lorena und Timm

Völlig gerädert

Lorena: Wir brechen am Nachmittag von Bukhara auf, besichtigen noch das eindrucksvolle Mausoleum von Bahauddin Naqshbandi, welches auf dem Weg liegt.
Da wir auch bei einsetzender Dämmerung keinen Schlafplatz finden können, klopfen wir kurzerhand an ein Tor. Einige Frauen stehen neugierig vor mir und fangen an zu kichern und zu tuscheln, als ich in gebrochenem Russisch um Erlaubnis frage im Garten unser Zelt aufzuschlagen. Schüchtern und via Zeichensprache bitten sie uns in den Hof und breiten einen großen Teppich auf dem steinernen Boden aus. Unser Schlafplatz. Einige Meter weiter schaut eine Kuh aus ihrem Stall dem Treiben zu. Auch wenn man hier wunderbar unter freiem Himmel schlafen kann, bauen wir unser Zelt auf, um einen Schutz vor den Moskitos zu haben. Ich bin völlig erschöpft und zu müde noch etwas zu essen. Verkrieche mich in das Zelt, während Timm noch eine Weile die Damen unterhält. Für sie ist unser unerwarteter Besuch ein echtes Ereignis und eines der Mädchen kann Dank russisch-englischem Phrasen Buch zumindest einseitig mit uns kommunizieren. Unsere Antworten sind leider auf Lachen und Nicken beschränkt. Der steinerne Boden unter uns bleibt die ganze Nacht warm und fühlt sich an wie eine Ganz-Körper-Lavastein-Heizung. Eine kühlende Wirkung wäre uns lieber! Seufz.



Das Mausoleum von Bahauddin Naqshbandi

Das Mausoleum von Bahauddin Naqshbandi










Für die Frauen ist unser Besuch ein aussergewöhnliches Erlebnis

Für die Frauen ist unser Besuch ein aussergewöhnliches Erlebnis

Am nächsten Morgen fühle ich mich, als wäre in der Nacht eine Dampfwalze über mich gefahren: Ich bin unglaublich müde und kraftlos. Mir ist übel und gleichzeitig verspüre ich riesigen Hunger. Da ich mich kaum auf dem Fahrrad halten kann, bitte ich Timm schon nach kaum einem Kilometer anzuhalten, damit wir etwas Frühstücken. Doch ich habe starke Halsschmerzen, so dass ich außer ein wenig Wassermelone nichts herunter gewürgt bekomme. Die Weiterfahrt ist eine Qual. Mein Blick wandert auf die Uhr des Kilometerzählers. Ich sehne mich nach der Mittagspause doch die Digitalanzeige zeigt gerade einmal 8:00 Uhr an.
Und auch nach einer weiteren Pause und etwas Schlaf ändert sich nichts an meiner Verfassung. Ich habe einfach keine Kraft in meinem Körper! Auf einer Wiese mit schattenspendenden Bäumen schlagen wir um elf Uhr unser Lager auf. Ich glühe. Das Fieberthermometer bestätigt den Verdacht: 38’Grad. Wird wohl von der Sonne sein. Kalter Lappen auf die Stirn. Ausruhen.
Am Abend fahren wir weiter. Doch immer noch habe ich das Gefühl es zieht mir den Boden unter den Rädern weg. Selbst die geliebte Cola kann nicht helfen, den Kreislauf in Schwung zu bringen. Zusammengekauert sitze ich auf einer kleinen Steintreppe. Ein Mann bemerkt, dass es mir nicht gut geht, schickt einen Jungen zur Apotheke, um mir ein Aspirin zu besorgen und lädt uns ein, bei ihm zu übernachten. Sein Haus sei nur 4 Km entfernt! Ja, das ist nicht weit, erscheint mir aber in diesem Moment beinahe als Unmöglichkeit! Wir schieben unsere Räder hinter ihm her. Als er keine zehn Meter weiter plötzlich anhält und uns zu Schaschlik einlädt. Das Angebot eines Usbeken abzulehnen ist eine Kunst für sich, die wir absolut nicht beherrschen und um ihn nicht aufs Tiefste zu Beleidigen willigen wir ein. Während wir kurz darauf “gezwungenermaßen” bei Fleischspießen und Bier sitzen läuft mir kalter Schweiß den Rücken herunter und ich fange an bei 30’Grad Aussentemperatur zu frieren.
Die Familie empfängt uns herzlich. Ehefrau, Sohn, Bruder und dessen Kindern sowie Großeltern leben hier unter einem Dach. Auf ihre Kuh sind sie auch sehr stolz und bieten für den nächsten Morgen frische Milch an. Daneben liegt der wimmernde Hund, welcher heute von einem Auto angefahren wurde und sich nicht mehr bewegen kann. Ein Leidensgenosse. Ich wimmere auch und wecke mitten in der Nacht Timm, da das Fieberthermometer nun fast 40’Grad anzeigt. Zum ersten Mal wünsche ich mir ernsthaft zu Hause zu sein, anstatt mitten im Nirgendwo in Usbekistan zu liegen und nicht zu wissen, was mit mir los ist!


Timm: Es ist kein schönes Gefühl hilflos neben Lorena in dem “Teebett” zu liegen. Nicht wissend, wo nach ich suche, blättere ich durch das Buch “Wo es keinen Arzt gibt” des Reise-Know-How Verlages. Auch wenn, laut des Buches, in Usbekistan nur selten Fälle von Malaria bekannt werden, bin ich nicht wirklich beruhigt. Mehrmals die Nacht mache ich mich auf den Weg zum Brunnen, um Lorenas Wadenwickel zu erneuern. Über den kleinen erdigen Trampelpfad durch das 5×5 Meter große Maisfeld im Innenhof, vorbei an dem herzzerreisend wimmernden Hund der mich flehend anschaut, bis hin zur Pumpe, wo ich die beiden Lappen mit kaltem Wasser auswasche. Am nächsten Morgen ist das Fieber zum Glück auf 38°C gesunken. Wirklich besser fühlt sich Lorena, aber leider immer noch nicht.



Danke für die Hilfe und die Unterkunft!

Danke für die Hilfe und die Unterkunft!

Mit dem Zug nach Tashkent

Lorena: Mit letzter Kraft brechen wir auf, um auf dem direkten Weg mit dem Zug nach Tashkent zu fahren, damit ich mich dort auskurieren kann. Schon die zehn Kilometer zum Bahnhof sind eine enorme Anstrengung. So bin ich wenig begeistert, als wir erfahren, dass der Zug erst um 21:00 Uhr abfährt und wir den Tag in der Hitze verbringen müssen. Die nächste Hiobsbotschaft folgt kurz darauf: Es gibt keine Tickets. Erst Morgen wieder. Gleiche Uhrzeit!
Timm: Eine Frau am Schalter erbarmt sich unser, und bietet uns an die Nacht bei ihr zu verbringen. Alles ist besser, als in der Sonne zu schmoren. Ihr Mann kennt einen Wachmann des örtlichen Bahnhofs, welcher wiederum einen Schaffner in dem besagten Zug kennt. Nach zig Telefonaten und einer hitzigen Diskussion auf einem Abstellgleis zwischen einigen Lehmbauten, sollen wir doch noch am selben Abend mit bepackten Rädern zum Bahnhof kommen. Das “Ticket” jedoch nicht am Schalter, sondern direkt bei seinem Bekannten im Zug bezahlen. Als der Zug einfährt, bleiben genau zwei Minuten das komplette Gepäck und die Räder hineinzuverfrachten! Doch das männliche Zugpersonal hilft tatkräftig mit (schließlich verdienen sie bei dieser Zugfahrt durch uns ja auch etwas Extra-Geld) und so finden wir uns kurz darauf müde aber glücklich im Zug nach Tashkent wieder. Die komplette Nacht verbringen wir schlafend in der Kabine des Angestellten – der Bett gegen Geld getauscht hat – zu Zweit auf einer 80cm-Britsche. Nur als die Bahnhofsstation “Samarkand” durch die Lautsprecher angekündigt wird, horchen wir kurz auf und bedauern, dass wir die Stadt nicht besuchen konnten.







Müde und ausgepowert...

Müde und ausgepowert...


Um 6:00 Uhr erreichen wir im Sonnenaufgang Tashkent...

Um 6:00 Uhr erreichen wir im Sonnenaufgang Tashkent...

KAPITEL 39°C: Usbekistan
USBEKISTAN




Planung und Realität

Vor der Reise. Man sitzt zu Hause und macht sich einen groben Plan. Eine einfache Rechnung: Der Tag hat etwa 12 Sonnenstunden. Wenn man davon etwa 6 Stunden mit einer Geschwindigkeit von 15 Km / h fährt schafft man 90 km pro Tag. Simpel, oder? Doch in der Realität spielen noch einige mehr Faktoren hinein: Das Wetter und die Temperatur, die Strassenbeschaffenheit, die Tagesstimmung. Wen man unterwegs trifft, wie oft man anhält um ein Foto zu schießen, die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Die Zeit, die man sich nimmt um innezuhalten und genießen. Einmal auszuruhen und gar nichts zu tun. Die Zeit, die wir brauchen, um unsere Webseite möglichst aktuell zu halten, Texte zu schreiben, Bilder auszuwählen und zu bearbeiten. Die Suche nach Internet. Oder der Punkt, dass der Körper manchmal einfach nicht mehr so will, wie der Kopf…



Eine gigantische LKW-Schlange staut sich vor der Grenze zwischen Kasachstan und Usbekistan.

Eine gigantische LKW-Schlange staut sich vor der Grenze zwischen Kasachstan und Usbekistan.

WÜSTE GRENZE

Wie Alles, was sich irgendwie von der flachen, sandfarbenen Steppe abhebt, können wir die Usbekische Grenze schon früh erkennen. Am Horizont tauchen unscharf Gebilde auf, die wie eine Fata-Morgana vor Hitze flimmernd über dem Sand zu schweben scheinen. Da wir uns nicht sicher sind, wann die Grenze am nächsten Morgen öffnet, und wir es nicht riskieren wollen erst zur Mittagshitze durchgelassen zu werden, beschliessen wir noch einen Endspurt hinzulegen, um noch heute Abend Kasachsten (vorerst) hinter uns zu lassen.
Als wir näherkommen erkennen wir, dass die “Häuser” Willi Betz LKW sind, die sich in einer unendlich lang erscheinenden Schlange hintereinander gereiht haben. Das kann nichts Gutes bedeuten. Vorbei an neugierigen Blicken bierbäuchiger Trucker in Unterhosen, rollen wir zur Grenzstation. Doch auf unser Fragen hin, öffnet uns der junge Wachposten sofort das massive Tor. Und in weniger als zehn Minuten befinden wir uns im Niemandsland zwischen Kasachstan und Usbekistan. Ein trostloser Fleck Erde. Unendlich viel Müll, wartende Menschen, ein schreiendes Baby. Es erinnert stark an Bilder eines Flüchtlingslagers, die man aus dem Fernsehen kennt. Obwohl es nicht die feine englische Art ist, zwängen wir uns an LKW vorbei zu den Beamten und drücken dem usbekischen Grenzbeamten unsere Pässe in die Hand. Erstaunlicherweise öffnet sich wieder prompt das Tor und unter missbilligenden Blicken der Wartenden werden wir eingelassen. Es ist kein schönes Gefühl, so priviligiert behandelt zu werden, dennoch bin ich froh die Nacht nicht dort verbringen zu müssen. Doch nun fängt die eigentliche Prozedur erst an. Der Beamte nimmt seine Aufgabe sehr wichtig. Wieder und wieder blättert er unseren Reisepass durch, und erweckt das Gefühl selbst nicht genau zu wissen, was er sucht, bis er schließlich im Schneckentempo den ersehnten Einreisestempel auf das Papier drückt. Kein Grund zur Eile. Es warten ja nur rund 300 LKW. Die nächste Station der schikanierenden Prozedur ist das Röntgenband, vor dem wir uns an den vorherigen Grenzkontrollen immer drücken konnten. Mittlerweile ist es dunkel und wir haben tierischen Hunger, was die Beamten scheinbar dazu verleitet noch langsamer zu arbeiten. Dieses Mal kommen wir nicht drum herum. Übertrieben umständlich fangen wir an die Taschen vom Rad zu “demontieren”, in der Hoffnung, dass den Beamten der Geduldsfaden reisst, doch diese kontrollieren in aller Ruhe Tasche für Tasche, setzen sich unsere Sonnenbrille auf und ab und knipsen mit unserer Kamera (leider unscharfe) Fotos. Lorena steht mit zwei Beamten vor der Tür, die sich herzzerreissend um sie kümmern. Mit ihrem schönsten Messelächeln wickelt sie die jungen Soldaten um den Finger, drückt etwas auf die Tränendrüse bis die Beamten letzendlich nachgeben und die Kontrolle stoppen. So stehen wir dann doch recht schnell – nach nur zwei Stunden – auf usbekischem Boden und hören hinter uns das Tor ins Schloss fallen. Vorbei am Schwarzmarkt leuchten wir uns mit dem kegelförmigen Schein unserer Stirnlampen den Weg auf der holprigen Straße. Als wir uns unbeobachtet fühlen, biegen wir von der Straße ab und schieben unsere Räder hinter einen kleinen Sandhaufen. Wir sind etwas verunsichert, ob wir in der dunklen Nacht wirklich alleine bleiben, bauen dennoch unser Zelt auf und schlafen ohne Zwischenfälle bis zum nächsten Morgen durch. Der erwartet uns erneut mit kilometerlanger, sandiger Einöde…



Ist die Sonne zu stark, bist du zu schwach.

Ist die Sonne zu stark, bist du zu schwach.


Kurz nach der Grenze treffen wir ein Team der diesjährigen Mongol-Ralley. Die drei Jungs mussten nicht nur zwei Stunden an der Grenze warten, sondern sechs!

Kurz nach der Grenze treffen wir ein Team der diesjährigen Mongol-Ralley. Die drei Jungs mussten nicht nur zwei Stunden an der Grenze warten, sondern sechs!






Kamele haben hier Vorfahrt! Der Zug wartet bis auch das Letzte die Gleise überquert hat...

Kamele haben hier Vorfahrt! Der Zug wartet bis auch das Letzte die Gleise überquert hat...

Alternative Reisemethoden

Usbekistan war auf unserer ursprünglichen Route nicht vorgesehen. Eigentlich wollten wir den kompletten Weg durch Kasachstan radeln um dann direkt die Grenze nach China zu passieren. Doch warum nicht noch zwei weitere Länder “besichtigen” – Usbekistan und Kirgisistan. Und so stürzen wir uns dann relativ planlos in dieses fremde Zentral Asiatische Land. Leider bleiben uns, auf Grund der Wartezeit in Baku auf die Fähre, nur 14 Tage für 1500 Km bis unser Visum abläuft, was mit dem Fahrrad für uns nicht zu schaffen ist, selbst ohne Magenbeschwerden. Etwas besorgt um unsere Gesundheit und wegen des besagten Zeitdrucks entschliessen wir uns im nächsten Ort auf den Zug nach Kongrad aufzuspringen. Und wer nun glaubt Zugfahren sei eine entspannte Alternative zum Fahrradfahren in der Wüste, der soll doch bitte einmal eine Zugreise durch Uzbekistan unternehmen!


Timm: Doch ohne Moos nix los und so besuchen wir die örtliche “Bank”, bestehend aus einem Zimmer mit einem Tresorschrank und einer jungen Dame. Was wir bis Dato nicht wissen: In Usbekistan gibt es keine Geldautomaten. Warum? Das erfahre ich auf dem Bazar, zu welchem mich die Bankangestellte schickt. Lorena wartet bei den Rädern am Bahnhof. Als ich wieder komme und ihr einen Sack voll Geld vor die Füße werfe, staunt diese nicht schlecht: “Wen hast du denn überfallen?” Auf dem aus 4 Ständen bestehenden Bazar sprach ich eine ältere Dame an. Auf dem Taschenrechner zeigte sie mir den Wechselkurs. Ich war einverstanden. Mir blieb auch nichts Anderes übrig, da wir den aktuellen Kurs nicht kannten und unser Wissen aus einem Lonely Planet von 2004 stammte. Dennoch wechselte ich unsere letzten Tenge in Som. Die Damen des Bazars scharten sich um mich, denn 80 Euro bekamen sie nur gemeinsam zusammen. Von links und rechts streckten mir die Frauen Bündelweise Geld entgegen. Ich kam mit dem Zählen nicht mehr hinterher, bis ich schließlich kapitulierte, das Geld nur noch grinsend an mich nahm wie Dagobert Duck und hoffte, dass ich nicht übers Ohr gehauen werde. 1000 Som ist der größte Schein der Währung. Umgerechnet sind das weniger als 30 Cent.



1000 Som sind ca 30 Cent. Wenn Geld zählen eine olympische Disziplin wäre, würden die Usbeken wohl mit Abstand die Goldmedallie gewinnen.

1000 Som sind ca 30 Cent. Wenn Geld zählen eine olympische Disziplin wäre, würden die Usbeken wohl mit Abstand die Goldmedallie gewinnen.

Lorena: Timm steht eine Ewigkeit am Schalter. Ich werde nervös, denn der Zug wird jeden Moment eintreffen. Timm scheint diese Unruhe wie immer nicht zu teilen und lehnt relaxt wie ein Marlboro Cowboy am Schalter. Nur das nicht sein Pferd Hufe scharrend vor dem kleinen Häußchen wartet, sondern seine Freundin mit den bepackten Drahteseln, die in den Zug verladen werden müssen. In diesem Moment rollt der Koloss ein. Ok, jetzt ist es zu spät. Dann müssen wir wohl bis morgen warten. Ich überprüfe die Abfahrtszeiten. Erst mithilfe meines Russisch-Buches wird mir plötzlich klar, was die Zeichen auf der eingestaubten Ankunftstafel bedeuten: Ankunft 10:40, Abfahrt 12:45!






Es ist der erste Bahnhof nach der Grenze und nun macht sich ein Polizeitrupp daran erst einmal zwei Stunden lang Gepäck und Passagiere zu kontrollieren. Keiner darf raus, keiner darf rein. Einzig tiefgefrorene Getränke werden von Kindern im Tausch gegen Geld mithilfe von speziellen Konstruktionen durch die kleinen Klappfenster des Zuges gereicht. Zeit genug für den Beamten am Schalter in usbekischer Ruhe unsere Namen an die Zentrale zu morsen. W-A-G-E-N-K-N-E-C-H-T A-L-E-X-A-N-D-E-R T-I-M-M. Ich bin entsetzt. Denn die Morsetaste ist an ein Telefon gekoppelt und ich verstehe nicht, warum man nicht einfach den Hörer in die Hand nimmt, um unsere Namen durchzugeben.



Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen: Warten

Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen: Warten


Die Räder bekommen ein Extra-Abteil...

Die Räder bekommen ein Extra-Abteil...





Der Zug gleicht einem Wochenmarkt. neben den Passagieren befinden sich mindestens genauso viele goldzähnige Verkäufer in dem Zug, die sich ohne erkennbares System von einem Ende des Zuges zum Anderen durch den schmalen Gang zwängen. Geldwechsel, Kleidung, Lebensmittel, kühle Getränke, Elektronik, Kinderspielzeug. Gerade wenn man glaubt, es kehre Ruhe ein, macht die Meute kehrt und schiebt und drängt sich wieder in die andere Richtung. Es ist schwülheiß hier drin. Der warme Geruch von Schweiß mischt sich mit dem Bratfett von Schaschlik, Somsa und einer stechenden Note Parfüm, welches eine korpulente Verkäuferin gerade einer anderen Dame anzudrehen versucht. Dennoch bereue ich die Entscheidung nicht, den Zug gewählt zu haben während ich aus dem Fenster die immer gleich aussehende Aussicht betrachte: heißer, glimmender Sand soweit das Auge reicht. Ab und zu werde ich aus meinen Gedanken gerissen, da wieder mal ein Verkäufer “Telefoooon!” schreit, was bei mir jedesmal den Impuls auslöst einen Hörer entgegen zu nehmen.







Timm zweifelt, ob es die richtige Entscheidung war...

Timm zweifelt, ob es die richtige Entscheidung war...


Ich bin froh, nicht durch die glühende Einöde dort draußen fahren zu müssen.

Ich bin froh, nicht durch die glühende Einöde dort draußen fahren zu müssen.

Lorena: Als der Zug in Kongrad einrollt strömen hunderte Menschen gen Bahnhof, um ihre Angehörigen zu begrüßen. Mich begrüßen nur hunderte Moskitos. Innerhalb von Sekunden fühle ich zig neue Hubel an meinen Beinen. So folge ich, mehr mit dem zerkratzen meiner Beine beschäftigt, als darauf achtend, wo wir hinlaufen, Timm und einem Mann. Er hat uns gerade einen Schlafplatz angeboten. Es geht entlang der Bahn-Schienen, bis die Beiden plötzlich in einem Spalt in der Wand verschwinden. Es ist eine Art “Übernachtungslager” für Gastarbeiter und Durchreisende. Der Schlafplatz kostet gerade mal 2,50 €. Geschlafen wird auf typischen “Tee Betten” unter freiem Himmel. Etwas untypisch, stellen wir zum Schutz vor Moskitos unser Zelt darauf.



Da wünscht man sich die Einsamkeit der Wüste zurück. Sobald wir den Reißverschluss unseres Zeltes aufziehen, sind wir von neugierigen Menschen umgeben, die jeden Handgriff begutachten und hinterfragen.

Da wünscht man sich die Einsamkeit der Wüste zurück. Sobald wir den Reißverschluss unseres Zeltes aufziehen, sind wir von neugierigen Menschen umgeben, die jeden Handgriff begutachten und hinterfragen.






Nette Unterkunft für 5000 UZS - etwa 2,50 €

Nette Unterkunft für 5000 UZS - etwa 2,50 €

Aus Sand wird Sumpf

Auch wenn es hier fast genauso wenig Schatten gibt, wie in der Wüste, wirkt das Fahren durch die grüne Sumpflandschaft wesentlich weniger bedrückend. Doch in einem Punkt wünschen wir uns die leblose Einöde der Steppe zurück: Nun sind wir wieder umgeben von Menschen. Und davon gleich eine ganze Menge! Sie lauern hinter Mauern, Bäumen und Sträuchern. Wir haben das Gefühl keinen Schritt mehr unbeobachtet tun zu können und einen ungestörten Platz für das Mittagsschläfchen zu finden wird zur echten Herausforderung.



Usbekistan - Land der Esel...

Usbekistan - Land der Esel...


Die Melonen in Uzbekistan und Umgebung sind berühmt für ihren Geschmack. Wir sind überrascht, dass Sie trotz der Hitze nach dem aufschneiden, schnell runterkühlen und erfrischen.

Die Melonen in Uzbekistan und Umgebung sind berühmt für ihren Geschmack. Wir sind überrascht, dass Sie trotz der Hitze nach dem aufschneiden, schnell runterkühlen und erfrischen.


Im Gegensatz zur menschenleeren Steppe wimmelt es hier von Menschen. Überall, wo wir länger als zehn Sekunden anhalten, werden wir umringt... So auch beim Platten flicken.

Im Gegensatz zur menschenleeren Steppe wimmelt es hier von Menschen. Überall, wo wir länger als zehn Sekunden anhalten, werden wir umringt... So auch beim Platten flicken.


Wo ist das Loch im Schlauch? (Viele dieser Kanäle nähren die Baumwollplantagen und Gärten in der Gegend, sodass der Fluss Amudarja ("großer Wasserlauf"), nicht wie früher den Aralsee mit Wasser versorgt, sondern einfach in der Wüste verdunstet. Laut Rüdiger Nehberg soll man, wenn man sich verlaufen hat, Bachläufen folgen um zurück in die Zivilisation zu finden. In diesem Fall wäre das jedoch weniger erfolgreich.)

Wo ist das Loch im Schlauch? (Viele dieser Kanäle nähren die Baumwollplantagen und Gärten in der Gegend, sodass der Fluss Amudarja ("großer Wasserlauf"), nicht wie früher den Aralsee mit Wasser versorgt, sondern einfach in der Wüste verdunstet. Laut Rüdiger Nehberg soll man, wenn man sich verlaufen hat, Bachläufen folgen um zurück in die Zivilisation zu finden. In diesem Fall wäre das jedoch weniger erfolgreich.)


Der Deutsche trinkt ein Bier! - Noch nicht mal Trinken kann man ohne Beobachtung ;)

Der Deutsche trinkt ein Bier! - Noch nicht mal Trinken kann man ohne Beobachtung ;)

Rast in Nukus

In Nukus wollen wir für zwei Tage ausruhen. In einem kleinen Hotel versuchen wir den Zimmerpreis herunter zu handeln, da verfrachtet man uns vor die Tür – naja nicht direkt: Dort steht eine traditionelle Jurte und wenn wir möchten, können wir dort schlafen. Unsere erste Nacht in einer Jurte. Nicht ganz so, wie wir uns es vorgestellt haben, aber trotzdem nett. Das Hotel ist ein Treffpunkt für Reisende. Neben dem lustigen Berliner Alex, verirren sich einige Teilnehmer der Mongol-Ralley und ein weiteres deutsches Radfahrpärchen hierher: Uwe und Evi aus Mannheim – liebe Grüße ans Engelhorn Sports Team! Es ist wie ein Urlaub vom Fahrradurlaub. Eigentlich wollten wir unsere Webseite aktualisieren, doch in komplett Usbekistan ist das Internet abgestellt. Kein Witz – es wird “Examen” geschrieben und um die Studenten am Spieken zu hindern, wurde eben kurzerhand das Land von der Aussenwelt abgekoppelt. So sitzen wir Abends mit den Anderen bei kühlen Temperaturen, Bier und dem usbekischen Nationalgericht Plov zusammen.



Reise-Planung

Reise-Planung


Uwe unterhält uns! :)

Uwe unterhält uns! :)

WEITER RICHTUNG BUKHARA

Die Zeit drängt. Wir brechen früh auf, fahren im Sonnenaufgang durch die menschenleeren Strassen von Nukus. Lediglich ein paar Jogger und eine Gruppe älterer Männer beim Tai-Chi begegnen uns. Das Wetter meint es gut mit uns, der Wind bläst uns in den Rücken. So radeln wir entspannt bis 11.00 Uhr, wo unser Kilometerzähler bereits 70 km anzeigt. Da wir in dem kleinen Dorf wieder einmal von Menschen umlagert werden, beschließen wir für unser Mittagsschläfchen weiter in die Wüste zu flüchten und dort auf ein schattiges Plätzchen zu hoffen. Wie war das? Die Hoffnung stirbt zuletzt? So weit das Auge reicht nur Einöde. Als wir schon befürchten von der Mittagssonne geschmolzen zu werden, zeigt sich am Horizont ein Gebäude…



Nach Nukus folgt Niemandsland...

Nach Nukus folgt Niemandsland...






Das verlassene Haus in der Wüste.

Das verlassene Haus in der Wüste.













KAPITEL 38°C
KASACHSTAN




Wenn man morgendliche 29°Grad als angenehm kühl empfindet

Kasachische Steppe. Es ist heiss. Sehr heiss. So, als würde uns Jemand mit einem überdimensionalen Föhn Luft ins Gesicht pusten. Die Zunge klebt am Gaumen unseres ausgetrockneten Mundes, unser Körper ist eingestaubt. Das Wasser in unseren Trinkflaschen ist nicht gerade verlockend. Es ist schon nach kurzer Zeit so heiß, dass wir ernsthaft überlegen einen Teebeutel hineinzuhängen. So wirkt die Landschaft, trotz ihrer rauen Schönheit, um uns herum beinahe bedrückend. Kein Baum, kein Haus, keine Zuflucht vor der Sonne. Vor uns liegt scheinbar endlose Weite und eine glimmende schnurrgerade Straße. Von nun an heisst es morgens so früh wie möglich aus den Federn, Radeln was das Zeug hält und zur Mittagszeit Schutz vor der Sonne und der Hitze zu suchen.



Als wir in Baku vor einem Fahrradgeschäft warten mussten, weil die 3 Inhaber des Ladens gerade gen Mekka beteten, kamen wir ins Gespräch mit einem weiteren wartenden Kunden, der so angetan von unserer Reise war, dass er kurzerhand aus seinem Kofferaum wühlend zwei Strohhüte von Marlboro zauberte. Ohne es zu wissen machte er uns eines der besten Geschenke für die kommende Etappe. Soll nochmal jemand sagen, dass Marlboro gesundheitsschädlich ist.

Als wir in Baku vor einem Fahrradgeschäft warten mussten, weil die 3 Inhaber des Ladens gerade gen Mekka beteten, kamen wir ins Gespräch mit einem weiteren wartenden Kunden, der so angetan von unserer Reise war, dass er kurzerhand aus seinem Kofferaum wühlend zwei Strohhüte von Marlboro zauberte. Ohne es zu wissen machte er uns eines der besten Geschenke für die kommende Etappe. Soll nochmal jemand sagen, dass Marlboro gesundheitsschädlich ist.


Ob wir genug Wasser dabei haben?

Ob wir genug Wasser dabei haben?

WÜSTE

Die 100Km an einem Tag von Aktau bis zum Außenposten der Firma KARIERTAU dürften eigentlich zu schaffen sein. Wir sind gut erholt und solange der Wind von hinten bläst, und die Sonne noch nicht so stark scheint, dass die Haut anfängt verbrannt zu riechen, als würde man gerade aus dem Solarium kommen, müssten wir Taoshyq gegen Abend erreichen.
Als die Straße gegen 11 Uhr bei einem Tagesstand von 45 Km ins Landesinnere abbiegt, beschliessen wir unsere Mittagspause nach vorne zu verlegen und unser Lager am Meer aufzuschlagen, um dort auf das Nachlassen der Mittagshitze zu warten. Nach zwei Kilometern über eine sandige Piste zum Strand versinken unsere Räder schließlich vollends in den Dünen. Wir lassen sie zurück und laufen die letzten 100 Meter zu Fuß.







Anfangs führt die Strasse noch entlang des Kaspischen Meeres. Die holprige Abzweigung in Richtung des kühlen Nass und den Umweg von etwa 3 km nehmen wir dann auch gerne in Kauf.

Anfangs führt die Strasse noch entlang des Kaspischen Meeres. Die holprige Abzweigung in Richtung des kühlen Nass und den Umweg von etwa 3 km nehmen wir dann auch gerne in Kauf.

Man hat das Gefühl nicht zu schwitzen, aber die Sonne brennt so stark, dass der Schweiss direkt verdampft. Deshalb freuen wir uns um so mehr, als hinter der glimmenden Düne das kühle Meer auftaucht. Die wenigen Klamotten, die wir tragen sind schnell abgeworfen. Lediglich die Sandalen lassen wir an, da der Sand zu heiss ist. So heiss, dass man angeblich, so sagte man uns, Eier darin kochen kann. In freudiger Erwartung auf das kühle Nass hüpfen wir hastig ins Wasser…. AAAAAAAAAAHHHHHH!!!!!!! KRAMPFFF!!!! Wir haben mit Allem gerechnet, aber nicht mit Gebirgsbach-ähnlichen Temperaturen. In Sekunden haben sich unsere Fußzehen verkrampft und wir stolpern so schnell wie wir hinein gerannt sind wieder heraus. Nachdem wir uns von dem Schreck erholt haben, wagen wir einen zweiten Versuch. Nur sehr sehr langsam und mit viel Überwindung verschwinden wir schließlich bis zum Hals im Wasser. Wir wollten zwar Erfrischung, aber das ist ARSCH kalt!!!



Doch was man absolut nicht erwartet: Das Wasser ist eiskalt!!! Unsere Waden krampfen sich schmerzhaft zusammen. Egal.

Doch was man absolut nicht erwartet: Das Wasser ist eiskalt!!! Unsere Waden krampfen sich schmerzhaft zusammen. Egal.


Einziger Schutz vor der Sonne ist unsere Zeltplane...

Einziger Schutz vor der Sonne ist unsere Zeltplane...


SCHNEID DIR ENDLICH DIE HAARE!

SCHNEID DIR ENDLICH DIE HAARE!


Bis vier Uhr liegen wir anschliessend halb schlafend, halb dösend unter der wehenden Zeltplane, die wir zwischen unseren Rädern aufgespannt haben. Nur mit Mühe können wir uns motivieren weiterzufahren. Unsere Körper sind verklebt vom feinen staubigen Sand. Die Sonne hat etwas nachgelassen, aber der Schweiss verdunstet nun nicht mehr, sondern läuft in Strömen an uns herab. Literweise versuchen wir den Verlust auszugleichen, bis der Bauch uns gluckernd darauf aufmerksam macht am Limit zu sein. Der Mund bleibt Staubtrocken. Durch die verfrühte Mittagspause und den Wind, der sich nun unfreundlicherweise gedreht hat und mit voller Energie gegen uns bläst, werden wir es nicht bis zum vereinbarten Ziel schaffen. Etwas enttäuscht und frustiert nehmen wir das Handy in die Hand.
Gerade als wir Norlan anrufen wollen, um abzusagen, hält vor uns ein Wagen. Die Dame, die aussteigt ist unsere Chauffeurin vom Yachthafen. Sie deutet auf ihre Uhr. Wir versuchen ihr zu verstehen zu geben, dass der Wind zu stark ist, die Strecke zu weit, und wir hier campen. Doch sie versteht nicht. So stehen wir in schiefer Haltung, um gegen den Wind anzukämpfen in der untergehenden Sonne, jeder mit einem Telefon am Ohr, in der Hoffnung Jemanden zu erreichen, der übersetzen kann. Anara muss herhalten. Nach einigem Hin- und Herreichen des Telefons zwischen uns, Anara, der Frau und dem Mann ist die Entscheidung gefallen: Wir werden mit einem Kleintransporter abgeholt! Keine Widerrede. Der zerbeulte Corsa verschwindet. Wir stehen alleine in der Dämmerung und warten. Zwei Kasachen mit einem zur Hinrichtung verurteilten Schaf und einem Hund im Kofferraum leisten uns während der einstündigen Wartezeit Gesellschaft.
Als wir in dem Container-Camp ankommen, erwartet uns ein kleines Empfangskommitee. Es ist uns etwas unangenehm, denn es scheint so, als hätten wir den Herrschaften, ihren wohl gegönnten Feierabend geraubt. Zwei Damen mit Kochmützen springen, die Eine mehr, die Andere weniger begeistert, in einen der Container, in welchem wir kurz darauf auch noch ein Abendessen kredenzt bekommen. Die Gespräche reduzieren sich auf Grund der Sprachbarriere und unserer nun doch sehr fortgeschrittenen Müdigkeit auf ein Minimum. Dies wird aber am nächsten Morgen nachgeholt, nachdem wir dank Klimanlage eine wunderbar kühle Nacht in einem kleinen “Container-Hotelzimmer” verbracht haben.



Am Abend gibts Nudeln, am Morgen stärkenden Haferschleim. (Ich glaube ich hab noch nie in meinem Leben Haferschleim gegessen...schmeckt aber eigentlich lecker)

Am Abend gibts Nudeln, am Morgen stärkenden Haferschleim. (Ich glaube ich hab noch nie in meinem Leben Haferschleim gegessen...schmeckt aber eigentlich lecker)









Das kann in die Hose gehen

Von nun an sind wir auf uns alleine gestellt. Ein bisschen beunruhigt, was uns erwartet, aber auch gespannt und motiviert machen wir uns auf ins kasachische Arizona. Die eintönige, weite Landschaft ist faszinierend. Doch die Faszination schlägt schon nach kurzer Zeit in Frustration um. Über 500 Km bis zur nächsten größeren “Stadt”. Von da noch einmal 500 Km NICHTS! Klingt ja vielversprechend. Doch die Einöde wird ab und zu von Highlights durchbrochen. Ausgetrocknete Seen, deren Grund spröde wie alter Lack zerklüftet ist. Galoppierende Pferde-Herden (warum auch immer, schließlich ist es verdammt heiss und wenn wir nicht müssten, würden wir uns gar nicht bewegen.) über den seichten Hügeln Staub aufwirbeln. Und Kamele, die uns ziemlich dämlich dreinblickend begutachten.



Wasserloch

Wasserloch





Nach nur 40 Km Hitze und 2-3 Litern pisswarmen Teewassers, kommen wir in eine kleine Siedlung mit einem noch kleineren Laden, der zu unserer Freude eine Kühltruhe gefüllt mit Mirinda Limonade besitzt. Wir kaufen gleich zwei Liter Eisgekühltes und kippen hastig ohne zu schlucken gierig “das beste Getränk, dass wir je hatten” hinunter. Wir beschliessen zur Mittagspause noch etwas aus dem Dorf zu fahren, um dort ungestört bis 16/17 Uhr die heisseste Zeit des Tages unter der Plane zu verbringen und etwas zu schlafen. Kaum haben wir die Plane an einer offen liegenden Ölleitung befestigt, meldet sich unser Magen mit einem unheimlichen Grummeln. Da versuch mal einer auf die Schnelle in dem Nirvana einen Ort zu finden, den man als Toilette benutzen kann…
Die Magenprobleme begleiten uns noch den ganzen Tag. So schleppen wir uns lediglich bis zu einem kleinen Ort und nicht wie geplant in das noch zehn Kilometer weiter gelegene Städtchen Shepte. Einige Jugendliche zeigen uns eine Quelle wo wir unser Zelt aufschlagen können. Eine Quelle in dieser Trockenheit! Normalerweise ein Grund zum Jubeln, denn einen idealeren Zeltplatz kann man sich hier nicht vorstellen – doch wir wünschen uns nur noch Schlaf. Die Magenbeschwerden haben sich in unerträgliche Krämpfe verwandelt. Gekrümmt vor Schmerz fällt einem das Schlafen in dieser Nacht sehr schwer.



Keine wirklich erholsame Nacht...

Keine wirklich erholsame Nacht...


Yiiiihaaa! Jetzt bekommt der Drahtesel die Sporen zu fühlen...

Yiiiihaaa! Jetzt bekommt der Drahtesel die Sporen zu fühlen...









Das Wüstennest

Erschöpft von der unbarmherzigen Sonne und nach einer Kräfte zerrenden Nacht mit Bauchkrämpfen kommen wir in dem kleinen Wüstennest Shepte an. Wir hoffen nur noch auf eines: eine schattenspendende Unterkunft. Es ist kein großes Dorf und man kann davon ausgehen, dass sich hier wohl die meisten Menschen kennen dürften. Dennoch erhalten wir auf unser Fragen, nach einem Hotel, die verschiedensten Auskünfte, bis wir schließlich vor einem rosafarbenen Gebäude stehen. Wir versuchen die thailändisch anmutende Dame, welche nicht gerade so aussieht, als müsste sie Hungersnot leiden, von 8000 Tenge (ca. 40€) auf 6000 Tenge (ca. 30€) runterzuhandeln. Ihr großzügiger Kompromiss: Wir bekommen das Zimmer ohne Klimaanlage. Obwohl ich seit Stunden das dringende Bedürfnis habe, mich in eine Kühltruhe zu legen, stimmen wir, mit Rücksicht auf unser Budget, zu. Englisch spricht sie nicht, doch ein Wort kennt sie ganz genau: “Money!”, fordert sie mit aufgehaltener Hand, bevor sie uns den Zimmerschlüssel übergibt. Aus einer Nacht werden zwei und unser Magen bleibt weiterhin ein “Problemfall”.



Statt auf unserem klimatisierten Zimmer verbringen wir mehr Zeit an diesem stillen Ort...

Statt auf unserem klimatisierten Zimmer verbringen wir mehr Zeit an diesem stillen Ort...

Verstand und Ehrgeiz

Wir kauern im Schatten einer Tankstelle und sind immer noch unschlüssig, was wir machen sollen. Zug? Per Anhalter? Oder doch weiter radeln? Doch mit Blick auf die Uhr, deren Zeiger vereint auf der Zwölf stehen und in die hoch am Himmel brennende Sonne, fällt die letzte Option ins Wasser…äh…in den Sand. Die Lastwagen, welche von der rund 400km-langen Wüstenetappe zurückkehren und an uns vorbeirollen, geben uns einen Eindruck davon, was uns erwartet: Eine dicke Schicht aus feinem hellem Sand klebt an ihnen wie an einem paniertem Schnitzel. Ein Kleintranspoter hält vor uns. Ein junger Mann mit einem rundlichen Gesicht und mindestens genauso rundlichem Körper schiebt sich heraus und vor die uns blendende Sonne. Jammernd klagen wir dem Schattenspender unser Leid. Eh wir uns versehen brüllt er einem vorbei rauschenden Lastwagen ein tiefes dominantes “Hoooooooooouuuh!” hinterher. Wir sitzen hier schon seit Stunden ohne Erfolg. Sicher wird es auch beim ihm nicht klappen. Ein schrilles Quietschen. Eine gigantische Staubwolke. Langsam lichtet sich der Nebel – und da steht er! Der Lastwagen. Nun hören wir uns unsere Geschichte noch einmal auf Kasachisch an. Der Trucker schmeißt die Plane hoch und weist uns an die Räder in den staubigen Innenraum zu verfrachten… Somit ist die Entscheidung gefallen.







Der Fahrer nimmt sich viel Zeit unsere Fahrräder fest zu verzurren. Wir halten es beinahe für übertrieben, doch es stellt sich noch heraus, dass es nicht ohne Grund ist!

Der Fahrer nimmt sich viel Zeit unsere Fahrräder fest zu verzurren. Wir halten es beinahe für übertrieben, doch es stellt sich noch heraus, dass es nicht ohne Grund ist!





Wüstenschiffe

Das Fahrerhaus schaukelt wie ein Schiff, als sich der 12-Tonnen-Koloss in Bewegung setzt. Augenblicklich frage ich mich, ob es für meinen Magen die richtige Alternative zum Radfahren ist. Obwohl wir uns mit dem Fahrer kaum verständigen können, herrscht eine angenehme Sympathie zwischen uns und dem Mann. Nach allem, was wir auf Russisch und mit Hand und Fuss sagen können kehrt Stille ein. Doch da der Familienpapa – wie wir einem Foto entnehmen können – auch während der gesamten Fahrt kein Radio einschaltet, scheint er wohl lieber in Gedanken versunken oder auch gedankenlos und in Ruhe die eintönige Strecke zu absolvieren. Einzig über sein Funkgerät witzelt er ab und an mit Kollegen, die als sandige Staubwolke an uns vorbeiziehen.
Ich schaue aus dem Fenster. Anfangs noch fasziniert, interessiert und auf der Suche nach Etwas, was sich vom gelben Sand abhebt. Doch nach und nach wird der Blick müde, denn kein Haus, kein Kamel, kein Strauch ist mehr zu sehen – vor uns liegt eine sandige, weite Einöde…



Meditativ! Die Aussicht ändert sich die nächsten 15 Stunden nicht.

Meditativ! Die Aussicht ändert sich die nächsten 15 Stunden nicht.






Staubige Angelegenheit - Ralley Dakar ist doch ein Witz...

Staubige Angelegenheit - Ralley Dakar ist doch ein Witz...


Da kann man sich beruhigt eine Weile auf´s Ohr legen...

Da kann man sich beruhigt eine Weile auf´s Ohr legen...






Die einzige Erhebung auf 500 km Strecke...

Die einzige Erhebung auf 500 km Strecke...


Auch am Abend ist noch kein Ziel in Sicht...

Auch am Abend ist noch kein Ziel in Sicht...


Aussergewöhnlicher Schlafplatz: Auf dem staubigen Boden des Laderaumes. Nach fast 10 Stunden Fahrt haben wir 2/3 der Strecke geschafft. Morgen früh geht es weiter.

Aussergewöhnlicher Schlafplatz: Auf dem staubigen Boden des Laderaumes. Nach fast 10 Stunden Fahrt haben wir 2/3 der Strecke geschafft. Morgen früh geht es weiter.


Gute Nacht!

Gute Nacht!


Weiter geht´s...

Weiter geht´s...


Hier endet nun die staubige Fahrt

Hier endet nun die staubige Fahrt


Der Fahrer hilft uns sogar noch das Schutzblech zu reparieren. DANKE!

Der Fahrer hilft uns sogar noch das Schutzblech zu reparieren. DANKE!






Nach endloser Einöde zeigt sich nun Beyneu in der Ferne...

Nach endloser Einöde zeigt sich nun Beyneu in der Ferne...

Ruhe

Gegen Mittag passieren wir Beyneu, füllen unsere Wasser und Essensvorräte auf und ziehen weiter. Es ist unbeschreiblich. Diese endlose Weite. Die Strasse scheint kein Ende zu haben. Einzig die Strommasten, welche sich als gerade Linie entlang der schottrigen Piste bis zum Horizont ziehen erheben sich aus ihrem flachen eintönigen Umfeld…



Rote Sonnenuntergänge und ein unbeschreiblicher Sternenhimmel

Rote Sonnenuntergänge und ein unbeschreiblicher Sternenhimmel






Feierabend. Morgen werden wir die usbekische Grenze erreichen...

Feierabend. Morgen werden wir die usbekische Grenze erreichen...

KAPITEL 37°C
TAOSHYQ

Am Anfang sind wir ja noch begeistert...

Am Anfang sind wir ja noch begeistert...

Kaum zu glauben, dass sich die Aussicht die nächsten 500 Km nicht ändern wird!

Kaum zu glauben, dass sich die Aussicht die nächsten 500 Km nicht ändern wird!

5 Km

5 Km

50 Km

50 Km

150 Km

150 Km

Ich glaub ich kann am Horizont etwas sehen! NICHT!

Ich glaub ich kann am Horizont etwas sehen! NICHT!

Die Hitze ist unerträglich, jetzt sehen wir schon Kamele!

Die Hitze ist unerträglich, jetzt sehen wir schon Kamele!

KAPITEL 36: Wir stechen in See
BAKU / AKTAU




The legendary Ferry-tale

Es ranken sich viele Mythen um die Fähre über das Kaspische Meer von Baku nach Aktau. Dass es keine Fahrpläne gibt und man auf etwas Glück hoffen muss, eine zu erwischen. Dass von den lediglich zwei Fähren, die es einmal gab eine gesunken sei. Dass man eine Menge Proviant mitnehmen sollte, da es sein kann, dass man einige Tage auf See verbringen muss. Dass es eine alte, unfreundliche Dame gibt, die in einem kleinen Häußchen die Fahrkarten verkaufen soll. Und tatsächlich. Einige dieser Dinge werden sich in den nächsten Tagen bewahrheiten…


Legenden umwoben: Hinter dieser Tür kann man tatsächlich Tickets für die Fähre nach Aktau kaufen! Es ist nur Geduld gefragt.

Legenden umwoben: Hinter dieser Tür kann man tatsächlich Tickets für die Fähre nach Aktau kaufen! Es ist nur Geduld gefragt.

 

Warten

Warten

Montag, 09:00 Uhr: Timm fährt die rund 5 Km zum Hafen, um zu erfragen, ob es heute ein Boot gibt. Er soll um 13:00 Uhr wieder kommen.
Montag, 13:00 Uhr: Timm fährt wieder zum Hafen. Wir sollen um 15:00 Uhr wieder kommen. Wahrscheinlich kommt ein Boot.
Montag, 15:00 Uhr: Mit bepackten Rädern stehen wir – nachdem wir uns von unserer Gastgeberin und den Anderen verabschiedet haben – am Hafen in der Mittagssonne. Wir warten einige Zeit, da es immer noch keine Infos zu einem ankommenden Boot gibt. Zu uns gesellen sich drei Italiener aus Trentino, weshalb zwei von ihnen auch Deutsch sprechen.
Auch sie wollen über das Kaspische Meer. Dann erhalten wir die Auskunft: Das Schiff wird den Hafen heute Nacht gegen zwei Uhr erreichen und morgen auslaufen. Wir sollen bitte morgen um 9:00 Uhr erscheinen. Großartig! Wir ziehen unsere Verabschiedung zurück und erbitten noch eine weitere Nacht Obdach, was natürlich kein Problem ist! Danke! Zurückfahren, Räder wieder abladen und alles wieder in das Dachgeschoß befördern…



























Dienstag, 09:00 Uhr: Wieder treffen wir mit bepackten Rädern am Hafen ein. Hoffnungsvoll geht Timm in den Schuppen, um zu erfragen, ob es heute nun endlich einen Platz auf der Fähre gibt: Ja, den gibt es! Wir sollen um drei Uhr wieder kommen. Dann gibt es die ersehnten Tickets! Wow! Ein Hoffnungsschimmer. Also rollen wir in den angrenzenden Park und warten. Unser Magen knurrt, aber um diese Uhrzeit schläft die Promenade noch und nicht eine Dönerbude hat geöffnet.
Dienstag, 12:00 Uhr: Mit unseren letzten Manat ergattern wir vier Burger bei KFC.
Dienstag, 14:00 Uhr: Zurück am Hafen. Weiterhin heißt es Warten. Wir stellen uns in den Schatten zu einigen Männern, welche uns neugierig beobachten. Einer von ihnen ist Türke und hilft uns bei der Kommunikation mit der Dame vom “Ticketschalter”. Uns knurrt immer noch der Magen, da die Burger in Fast-Food typischer Manier nicht allzu lange sättigen. Aber wir haben kein Geld mehr. Der Mann, welcher als Biologie-Lehrer in der Türkei arbeitet und scheinbar viel reist, bietet uns an, unsere Euro zu tauschen. So sitzen wir kurz darauf mit ihm beim Mittagessen: Fettige Pommes mit noch fettigerem Hühnchenfleisch. Aber der Magen ist gefüllt.
Dienstag, 15:00 Uhr: Wir halten tatsächlich die Tickets in der Hand. Doch auf die Fähre dürfen wir noch lange nicht. So verbringen wir zusammen mit den Italienern, ein paar Turkmenen und Kasachen einige Stunden in einer Art “Bushäußchen”, welches in der Mittagshitze zumindest Schatten spendet…
Dienstag, 18:05 Uhr: Passkontrolle
Dienstag, 18:45 Uhr: Unglaublich aber wahr: Wir betreten das Schiff! Untergebracht werden wir in einer kleinen Kajüte zusammen mit den italienischen Sunnyboys. Einziger Haken an der Sache: Es gibt nur vier Betten – wir sind zu fünft. Also beschließen Timm und ich uns eines der 80cm breiten Betten zu teilen.


Endlich dürfen die Räder auf die Fähre rollen...

Endlich dürfen die Räder auf die Fähre rollen...

Dienstag, 20:56: Warten…


Die Sonne geht unter. Und noch immer befinden wir uns im Hafen von Baku...

Die Sonne geht unter. Und noch immer befinden wir uns im Hafen von Baku...

 

Wir nutzen die Zeit schon mal zum Abendessen...

Wir nutzen die Zeit schon mal zum Abendessen...

Dienstag, 23:45 Uhr: Das Schiff setzt sich in Bewegung und wir verabschieden uns nun endgültig von Baku, welches sich noch einmal in all seinen bunt-blinkenden Lichtern zeigt, um dann immer kleiner zu werden. Wie es endgültig am Horizont verschwindet, bekommen wir nicht mehr mit, da wir nach diesem anstrengenden Reisetag – an dem wir uns lediglich ein paar hundert Meter bewegt haben – erschöpft einschlafen.


Warten...

Warten...

Mittwoch Die meiste Zeit des Tages verbringe ich mit Schlafen. Da man auf dem Schiff nicht viel anderes machen kann – außer im Gemeinschaftsraum Tischtennis zu spielen – nutze ich die Zeit um einfach mal den Kopf abzuschalten und neue Energie zu tanken.
Mittwoch, 22:00 Uhr: Aktau! Freudig springen wir aus unserer Kajüte und hängen uns über die Reling. Dann die schlechte Nachricht: Vor fünf Uhr in der Nacht bekommt das Schiff keine Erlaubnis zum Einlaufen. Wir sehen es positiv. Immerhin müssen wir uns nun nicht mehr um eine Unterkunft in Aktau bemühen, sondern verbringen eine weitere Nacht in der Viererkajüte zu Fünft. Diesmal sogar mit funktionierender Klimaanlage. So langsam ist damit der Fahrtpreis von 100 Euro pro Person ja beinahe schon berechtigt…


27 Stunden an Bord: Der Hafen von Aktau ist schon in Sicht. Aber weiterhin heißt es sich in Geduld zu üben...

27 Stunden an Bord: Der Hafen von Aktau ist schon in Sicht. Aber weiterhin heißt es sich in Geduld zu üben...

 

Auch die Räder warten brav im Bauch der Fähre neben dem Güterzug

Auch die Räder warten brav im Bauch der Fähre neben dem Güterzug

Donnerstag, 10:00 Uhr: Endlich! Wir erreichen Festland! Ein Grenzbeamter kontrolliert unsere Pässe und weist uns an, unseren Zweitpass irgendwo in unserer Tasche zu verstecken. Nach einigen Versuchen der Erklärung, warum wir jeweils zwei Reisepässe besitzen, hielt er dies wohl für die sinnvollste Entscheidung. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß… oder so. Dann geht alles sehr schnell. Wir dürfen von Bord! Mit so vielen Taschen wie möglich klettern wir die schmale, steile Treppe in den Frachtraum herunter, wo unsere Räder auf uns warten. Doch wir sind noch keine zwei Minuten dabei unsere Fahrräder zu bepacken, als die Beamten ungeduldig werden. Wir sollen alles hier liegen lassen und mitkommen! Verärgert darüber unser Gepäck hier alleine zurück zu lassen und etwas verunsichert, was es mit der Aktion auf sich hat, werden wir in einen Kleinbus gezwängt. Wir fahren etwa einen Kilometer zu einem kleinen Haus. Dann heißt es mal wieder warten. Von jedem werden die Pässe kontrolliert. Wir kommen zu Letzt an die Reihe und in mir wächst die Anspannung und die Besorgnis darüber, was wohl gerade mit unserem Gepäck und den Rädern passiert. Während der Kontrolle versuche ich mich zusammen zu reißen, lächle den Beamten freundlich an und stelle zu Beweis, dass ich sogar schon Bitte, Danke und Hallo auf Kasachisch sagen kann, was ihn scheinbar auch milde stimmt und er nun seinen Bearbeitungsvorgang beschleunigt…
Donnerstag, 12:00 Uhr: Freiheit! Wir rollen in Richtung Aktau…


Aufbruch. Dabei war es doch so gemütlich...

Aufbruch. Dabei war es doch so gemütlich...

 

Isolierte Stadt: Umgeben von Wasser und Wüste.

Isolierte Stadt: Umgeben von Wasser und Wüste.

Ankunft in Aktau – Beinahe!

Die junge Hafenmetropole Aktau (weißer Berg) am Kaspischen Meer entwickelt sich aufgrund ihres Reichtums an Rohstoffen rasant. Geplant ist daraus eine moderne internationale Stadt zu entwickeln. Dabei ist besonders die Erdölindustrie das wirtschaftliche Rückgrat der Stadt. Eine Besonderheit bietet Aktau: anstatt Straßennamen findet man entsprechend durchnummerierte Blocks in den einzelnen Distrikten. Aktau ist der perfekte Ausgangspunkt für Touren in das umgebende, geheimnisvolle, von Muschelkalk bedeckte, Territorium. Dessen gleichnamige Regionalhauptstadt liegt zu einem Teil auf Europäischer und auf der anderen auf Asiatischer Seite. Dem Masterplan für die nächsten Jahre folgend wird Aktau auf der Halbinsel Mangyshlak gelegen auch im Bereich touristischer Aktivitäten und durch den Bau von Hotel- und Shoppingzentren zu einem neuen internationalen Hot Spot am Kaspischen Meer.


Doch wir kommen nicht dazu in die Stadt hinein zu fahren! In einem Sandsturm kämpfen wir uns im Schneckentempo die 5Km vom Hafen entlang der Küste in Richtung der ersten Häuser, als neben uns ein großer, schwarzer Geländewagen anhält: “Where are you from?” Der kasachische Geschäftsmann fragt uns auch, ob wir schon wissen, wo wir unterkommen. Er hat ein freies Zimmer in seiner Firma und lädt uns ein dort zu schlafen. Seiner bestimmenden aber dennoch freundlichen Art können wir nicht widersprechen. Kurz darauf holt uns seine Assistentin ab und wir folgen ihrem Wagen – wie sollte es auch anders sein – für einige Minuten in die Richtung, aus der wir gerade kamen. Nur dass uns diesmal der Sand von hinten um die Ohren fegt und unser Fahrttempo beschleunigt. Wir sind gespannt, was uns erwartet!
Das Firmengebäude des Unternehmens KARIERTAU wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar. Sofort springen einige Leute auf uns zu, begrüßen und begutachten uns und die Räder neugierig. Wie sich herausstellt, hat der Chef schon mal “Reisende” aufgesammelt. Wir rätseln, ob aus großzügiger Gastfreundschaft, Faszination für diese Menschen oder vielleicht auch, um Kasachstan gut zu repräsentieren. Wie auch immer. Alle geben sich sehr große Mühe, sind freundlich, interessiert und versuchen Alles, um uns unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. EIN RIESIGES DANKESCHÖN AN DAS GANZE TEAM UND BESTE GRÜSSE NACH AKTAU!


Brainstorming im Büro des Firmenchefs: Wie können wir den Radfahrern helfen auf ihrem Weg durch Zentralasien!?

Brainstorming im Büro des Firmenchefs: Wie können wir den Radfahrern helfen auf ihrem Weg durch Zentralasien!?

 

Uns wird eine Übernachtungsmöglichkeit in einer kleinen Stadt mitten in der Steppe 100km nach Aktau versprochen... Dort befindet sich ein Container-Camp der Firma.

Uns wird eine Übernachtungsmöglichkeit in einer kleinen Stadt mitten in der Steppe 100km nach Aktau versprochen... Dort befindet sich ein Container-Camp der Firma.

 

Dank Google Translate funktioniert die Kommunikation auch mit nicht englisch-sprachigen Mitarbeitern

Dank Google Translate funktioniert die Kommunikation auch mit nicht englisch-sprachigen Mitarbeitern

 

Zum Abendessen gibts hausgemachte Borschtsch. Eine Suppe, die traditionell mit Roter Bete zubereitet wird. Die Herkunft des Wortes Borschtsch bzw. Barszcz liegt höchstwahrscheinlich im slawischen Wort für Bärenklau. Dieser war im Mittelalter ein fester Bestandteil der Suppe.

Zum Abendessen gibts hausgemachte Borschtsch. Eine Suppe, die traditionell mit Roter Bete zubereitet wird. Die Herkunft des Wortes Borschtsch bzw. Barszcz liegt höchstwahrscheinlich im slawischen Wort für Bärenklau. Dieser war im Mittelalter ein fester Bestandteil der Suppe.

 

Eine für uns unverständliche und zeitaufwändige Verpflichtung in Kasachstan: Die polizeiliche Registrierung.

Eine für uns unverständliche und zeitaufwändige Verpflichtung in Kasachstan: Die polizeiliche Registrierung.

 

Alexander begleitet uns bei allen Erledigungen als unser uns zur Seite gestellter persönlicher Dolmetscher...

Alexander begleitet uns bei allen Erledigungen als unser uns zur Seite gestellter persönlicher Dolmetscher...

 

Kasachisches Kantinenessen

Kasachisches Kantinenessen

Zurück aufs Wasser

Am Abend hat uns Anara, die Tochter des Chefs, eingeladen eine Bootstour zu unternehmen. So werden wir von einer netten Dame mit rasantem Fahrstil zum Yachthafen kutschiert. Dort wartet Anara schon mit ihrem Freund. Die Beiden genießen es uns zu verwöhnen: Aus ihrem Picknickkorb ziehen sie eine Flasche Whiskey, Cola und leckere Hähnchen-Wraps. Wir sind etwas überfordert, vertilgen hungrig die geschmackvoll gefüllten Teigrollen, leeren hastig unseren Whiskey, um uns dann freudestrahlend, wie Kleinkinder am großen Steuerrad festzuhalten. AHOI!!!


Wir stechen in See. Nimm mich mit Kapitän auf die Reise...

Wir stechen in See. Nimm mich mit Kapitän auf die Reise...

 

Die Tochter des Firmenchefs, Anara, hat uns zu der Bootstour eingeladen! DANKE!

Die Tochter des Firmenchefs, Anara, hat uns zu der Bootstour eingeladen! DANKE!

 

Mit dabei ihr Freund und Kollege Norlan...

Mit dabei ihr Freund und Kollege Norlan...

 

Timms Aussicht ist begrenzt, er sollte sich schleunigst mal wieder die Haare schneiden lassen!

Timms Aussicht ist begrenzt, er sollte sich schleunigst mal wieder die Haare schneiden lassen!

 

Wir segeln in den Sonnenuntergang. Und obwohl wir in Kasachstan damit nicht gerechnet haben: Es wird ganz schön frisch auf dem Boot!

Wir segeln in den Sonnenuntergang. Und obwohl wir in Kasachstan damit nicht gerechnet haben: Es wird ganz schön frisch auf dem Boot!

 

Doch im Anschluss erwartet uns eine heiße Sauna in die wir uns direkt einmal für ein paar Minuten mitsamt Kleidung hineinstellen.

Doch im Anschluss erwartet uns eine heiße Sauna in die wir uns direkt einmal für ein paar Minuten mitsamt Kleidung hineinstellen.

 

Auch von innen wird sich aufgewärmt: Anstoßen mit dem Chef und seinen Freunden vom Yachtclub

Auch von innen wird sich aufgewärmt: Anstoßen mit dem Chef und seinen Freunden vom Yachtclub

Ab in die Hitze

Um 6:30 Uhr geht es am nächsten Morgen los. Beinahe zu spät. Der eigentliche Plan war ALLERSPÄTESTENS um 6:00 Uhr auf dem Rad zu sitzen, doch in der Müdigkeit hat sich der Wecker wie von alleine ausgestellt. Erst das heftige Klopfen des Wachmanns an unserer Tür, welchem wir noch am Tag zuvor stolz von unserem Vorhaben früh aufzustehen erzählt haben, weckt uns auf. Auch wenn es nicht gerade die sanfteste Art war aufzuwachen, sind wir ihm dafür sehr dankbar. Denn vor uns liegt eine Etappe von rund 100 Kilometern nach Taoshyq, wo wir erneut dank der Firma KARIERTAU einen Schlafplatz bereit gestellt bekommen. Die Strecke wird direkt nach Aktau zur Herausfoderung: Eine weite sandige Ebene ohne Schatten und mit jeder Menge Sonne…


Es wird Orientalisch.

Es wird Orientalisch.




Kriegsdenkmal

Kriegsdenkmal

 

Wir verlassen Aktau. Vor uns liegt das Tor in die Steppe.

Wir verlassen Aktau. Vor uns liegt das Tor in die Steppe.