KAPITEL 22: Letzte Meter auf europäischem Boden
TÜRKEI




Die erste sportliche Herausforderung

Wir wussten, dass die Türkei auf uns mit vielen Bergen wartet. Darauf haben wir uns mental eingestellt. Unsere erste sportliche Herausforderung erhalten wir jedoch schon vor der türkischen Grenze. Der Grenzübergang liegt auf etwa 700 Metern. Doch natürlich führt die Strasse vorher noch einmal hinunter zu einem Flussbett, so dass die kleine “Bergtour” praktisch ab einer Höhe von Null beginnt. So arbeiten wir uns bei brennender Sonne die schmale, kurvige Strasse hinauf. Der gesamte Tourismus-Grenz-Verkehr scheint diese Strasse zu nutzen. In den engen Serpentinen begegnen uns die ersten Autos mit türkischem Kennzeichen und Reisebusse hupen uns aufmunternd zu, was uns sehr motiviert nicht schon am nächsten schattigen Plätzchen unser Zelt aufzuschlagen. Meine Beine zittern schon vor Erschöpfung, als da plötzlich dieses Schild vor uns auftaucht, auf dem die erlösenden Worte stehen: “Türkische Grenze 3 Km”.


Ab der letzten bulgarischen Stadt vor der Grenze - Malko Tarnowo - geht es steil bergauf.

Ab der letzten bulgarischen Stadt vor der Grenze - Malko Tarnowo - geht es steil bergauf.

 

Unsere erste, recht harte Übernachtung auf türkischem Boden...

Unsere erste, recht harte Übernachtung auf türkischem Boden...

 

Am nächsten Tag geht es auf der gut ausgebauten breiten Strasse lange Strecken bergab...

Am nächsten Tag geht es auf der gut ausgebauten breiten Strasse lange Strecken bergab...

 

Helm fest ziehen! (Lieben Gruß an Timms Bruder Jens)

Helm fest ziehen! (Lieben Gruß an Timms Bruder Jens)

 

Die folgende Meldung ist für die Eltern von Lorena und Timm nicht geeignet: Wir haben soeben unsere neue Höchstgeschwindigkeit von 68,6 km/h erreicht!!!!!!!!!!!!! Nochmal!!!!!!!!!!!!

Die folgende Meldung ist für die Eltern von Lorena und Timm nicht geeignet: Wir haben soeben unsere neue Höchstgeschwindigkeit von 68,6 km/h erreicht!!!!!!!!!!!!! Nochmal!!!!!!!!!!!!

 

Neben rasanten Abfahrten sorgen eiskalte Quellen...

Neben rasanten Abfahrten sorgen eiskalte Quellen...

 

...und kleine Bäche immer wieder für die nötige Abkühlung!

...und kleine Bäche immer wieder für die nötige Abkühlung!






Wir finden ohne Probleme Zeltplätze in ruhiger, Stadtferner Lage.

Wir finden ohne Probleme Zeltplätze in ruhiger, Stadtferner Lage.

Die Gang

Die ersten Einladungen zum Teetrinken, die uns oft vom Strassenrand zugeworfen werden, habe ich höflich abgelehnt, bis Lorena sich genervt beschwert, dass sie aber gerne mal einen Tee trinken würde. (Anmerkung Lorena: Lieber Timm, es wäre schön, wenn ich einmal etwas netter in deinen Erzählungen wegkommen würde!) Kurz darauf kommt auch schon die nächste Einladung. Diesmal überraschenderweise auf Deutsch. Der Typ scheint mir suspekt, aber ich habe Lorenas Gejammer (Entschuldigung Lorena!) noch in meinen Ohren und so nehme ich die Einladung an. Wir setzen uns mit Turgat an einen Tisch vor einem Friseursalon. Seine Kumpels sitzen im Halbkreis um uns herum. Sie stellen neugierig Fragen. Turgat übersetzt auf Deutsch. Er hat früher einmal am Frankfurter Hauptbahnhof T-Shirts bedruckt, bis er Ende der 90er wegen krimineller Machenschaften ausgewiesen wurde. Jetzt lebt Turgat wieder in seinem Heimatdorf, ist Nachtwache bei einer türkischen Tankstellenkette, frisch verheiratet und hat einen Esel, wie er uns stolz erzählt. Wir fühlen uns in der geselligen Männerunde gut aufgehoben. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite sitzen die alten Herren des Dorfes. Turgats Cousin führt den Friseursalon hinter uns. Als wir erzählen, dass wir schon länger keine Dusche mehr hatten, bieten sie uns eine Haarwäsche an. Kurz darauf sitzen wir im Salon und waschen uns die Haare. Danke Turgat!










DANKE! Und liebe Grüße an euch!

DANKE! Und liebe Grüße an euch!

Reisebekanntschaft

Die letzten Tage ist uns immer wieder ein alter Mercedes-Bus aufgrund seines französischen Kennzeichens aufgefallen. Weltreisende? Gerade als ein grollendes Gewitter über uns schwebt (wir befinden uns zu diesem Zeitpunkt am höchsten Punkt in einem Umkreis von zehn Kilometer), fährt der Bus wieder an uns vorbei und hält diesmal passenderweise an. Während der Regen hinunter prasselt, sitzen wir bei den beiden freundlichen Franzosen im Fahrzeug und tauschen uns aus.










Tausche Auto gegen Fahrrad!

Timm: Bei 34 Grad schleichen wir die relativ schwach befahrene Strasse bergauf und bergab Richtung Istanbul, als ein Auto neben uns hält. Suat, so ist sein Name, steigt aus seinem Fahrzeug. In seinen Händen hält er zwei Äpfel aus dem eigenen Garten. Wir erfahren, dass er Landschaftsgärtner ist. Und müsste er nicht die nächsten Tage beruflich in den arabischen Raum fliegen, würde er uns gerne zu sich nach Istanbul einladen. Er ist ein “Sportsman” und sichtlich an unseren Fahrrädern und dem Anhänger interessiert. Ich biete ihm spaßeshalber an, einmal Probe zu fahren und erwarte eigentlich eine Absage. Aber Suat ist ein “Sportsman”. Und so will er nicht nur Probe fahren. Er will sogar gleich einige Kilometer das Fahren mit dem bepackten Rad testen. Einverstanden. Ich setzte mich dafür in sein Auto und fahre hinter Lorena und ihm her. Es ist schön, mal wieder etwas mehr PS unter dem Hintern zu haben. Weniger schön ist es allerdings Suat dabei zuzuschauen, wie er sich den Berg hochquält. Sein Fahrstil erinnert mich dabei an den ersten Tag unserer Reise. Ich befürchte, dass er jeden Moment vom Fahrrad fällt, aber Suat ist nicht nur irgendein “Sportsman”, er ist türkischer “Sportsman”! Der gibt so schnell nicht auf. Und anmerken lässt er sich natürlich auch nichts. Das nasse Hemd und die Schweißtropfen auf seiner Stirn verraten ihn aber mehr als deutlich. Auch Lorena darf einmal hinter das Steuer. So fahren wir bis in das nächste Dorf, wo uns Suat auf Cay und türkischen Kaffee einlädt. Wir sitzen dort beinahe zwei Stunden und unterhalten uns. Suat verspricht uns, uns bei der Unterkunft-Suche in Istanbul behilflich zu sein…


Suat berät uns, welche Route durch die Türkei für Fahrräder geeignet sein könnte.

Suat berät uns, welche Route durch die Türkei für Fahrräder geeignet sein könnte.

Kurz nachdem wir am nächsten Morgen aufbrechen, begegnen uns wieder einmal zwei Radler. Die Beiden kommen aus Deutschland und fahren von Istanbul zurück in die Heimat. “Bis Istanbul geht es nur Berg hoch und Berg runter! Und es sind noch etwa 90 Kilometer!” Das sind nicht gerade die besten Aussichten, da wir geplant haben noch heute in der Stadt anzukommen. Über Istanbul kursieren einige Geschichten über den alptraumhaften Verkehr. Es gibt sogar eine Webseite, die beschreibt “how to get to Istanbul without getting killed!”. Da wir heute vor Einbruch der Dunkelheit wohl kaum noch 90 km schaffen werden – das Thermometer zeigt 34 Grad – entschliessen wir uns, trotz der Warnungen über den Großstadtverkehr, die kürzere Route (60 km) geradewegs in die Stadt hinein zu nehmen.


Heute schafft ihr es wahrscheinlich nicht mehr bis nach Istanbul! Na das wollen wir doch mal sehen... EUCH BEIDEN ALLES GUTE AUF EURER REISE IN DIE HEIMAT!!!

Heute schafft ihr es wahrscheinlich nicht mehr bis nach Istanbul! Na das wollen wir doch mal sehen... EUCH BEIDEN ALLES GUTE AUF EURER REISE IN DIE HEIMAT!!!

 

Über eine sich noch im Bauzustand befindende, vierspurige Strasse gehts bei erbarmungsloser Hitze Richtung Istanbul.

Über eine sich noch im Bauzustand befindende, vierspurige Strasse gehts bei erbarmungsloser Hitze Richtung Istanbul.




Es geht stetig nach oben, doch die Aussicht ist fantastisch!

Es geht stetig nach oben, doch die Aussicht ist fantastisch!

Die Einfahrt nach Istanbul

Istanbul rückt näher. Natur verwandelt sich in Beton. Häuser wohin das Auge reicht. Und es sind noch immer 30 Kilometer bis in die Innenstadt zu fahren! Was sich nicht ändert, ist das stetige Auf und Ab. Ein Junge mit Fahrrad hält neben uns und fragt auf türkisch so etwas wie: “Wie kommt ihr auf die Idee bei den Temperaturen mit all dem Gepäck Fahrrad zu fahren?” Doch circa 25 Kilometer vor dem Stadtzentrum haben wir den letzten Anstieg bezwungen. Ab jetzt können wir die Räder einfach rollen lassen. Die Strassen sind voll. So voll, dass wir schneller sind, als die Autos. Zwischen Bussen, Taxen, LKW und Passanten schlängeln wir uns in Richtung Bosporus. Und wieder spielt die Musik von Tetris in meinem Kopf. Man muss aufpassen, dass man “seine Lücke” zwischen den ganzen Fahrzeugen nicht verpasst. Die Strasse ist zwar brechend voll, doch die Fahrer scheinen an dieses Chaos gewöhnt zu sein. So stört es sie nicht sonderlich, das sich zwei bepackte Radfahrer dicht neben ihren Aussenspiegeln vorbeidrängeln. Sie warnen uns nett mit einem Hupen, wenn sie von hinten zum Überholen ansetzen.


Eine letzte Pause im Schatten, bevor wir in den Großstadttrubel eintauchen...

Eine letzte Pause im Schatten, bevor wir in den Großstadttrubel eintauchen...

 

Manchmal hilft nur noch Schieben.

Manchmal hilft nur noch Schieben.

Hotel Güven in Fatih

Suat hat uns ein Hotel herausgesucht, welches er als günstigste Übernachtungsmöglichkeit in Istanbul betitelt. Anscheinend hat er über einen Freund, der in der Tourismusbranche arbeitet, noch einen Sonderpreis ausgehandelt. Es liegt in Fatih, einem Stadtteil Istanbuls, der sehr muslimisch geprägt ist. Die Menschen begutachten uns einmal wieder neugierig, als wir vor dem schmalen Hotelgebäude anhalten.


Ankunft in Fatih...

Ankunft in Fatih...

 

Zu viel Sonne! Mein Körper beschwert sich mit starken Kopfschmerzen und Schwindelgefühl... (Ja Mama, ich habe eine Kopfbedeckung getragen! Aber das hilft nicht viel, wenn die Sonne den ganzen Tag erbarmungslos auf einen herunter scheint... Küsschen)

Zu viel Sonne! Mein Körper beschwert sich mit starken Kopfschmerzen und Schwindelgefühl... (Ja Mama, ich habe eine Kopfbedeckung getragen! Aber das hilft nicht viel, wenn die Sonne den ganzen Tag erbarmungslos auf einen herunter scheint... Küsschen)

 

Blick aus unserem Fenster: Die Fatih Moschee

Blick aus unserem Fenster: Die Fatih Moschee

 

Wir fühlen uns in dem untouristischen, sehr muslimischen Stadtteil Fatih sehr wohl...

Wir fühlen uns in dem untouristischen, sehr muslimischen Stadtteil Fatih sehr wohl...

 

...und werden zum türkisch traditionellen Cay eingeladen.

...und werden zum türkisch traditionellen Cay eingeladen.

 

Suat besucht uns in Fatih und lädt uns erneut zu türkischem Kaffee...

Suat besucht uns in Fatih und lädt uns erneut zu türkischem Kaffee...

 

...und zum Essen ein. Es gibt Etliekmek. THANK YOU SUAT!!!

...und zum Essen ein. Es gibt Etliekmek. THANK YOU SUAT!!!

Umzug

Allerdings sind Frauen in dem Hotel eher eine Seltenheit. (Wir fragen uns, ob überhaupt schon einmal eine Frau die Schwelle übertreten hat…). So gibt es nur Toiletten und Duschen für Männer. An sich habe ich damit kein Problem, doch die Männer schauen mich so an, als hätten SIE eines damit. So hält Timm immer Ausschau, ob die “Luft frei ist”, wenn ich auf Toilette muss. Eine etwas anstrengende Prozedur. Das kleine Zimmer ist zwar absolut funktionell, aber da wir eine größere Umpack- und Reinigungsaktion des Equipments vorhaben, beschließen wir doch noch einmal umzuziehen…


Auf Wiedersehen! Görüsürüz!

Auf Wiedersehen! Görüsürüz!

VISA-Jagd

Istanbul ist für uns ein erstes großes Etappenziel! Nicht nur, weil es die Stadt ist, welche Europa und Asien verbindet und uns sozusagen auf die andere Seite befördert, sondern auch, weil sich hier entscheidet, ob wir die für uns so wichtigen VISA erhalten! Ein ganz großes Dankeschön gilt hier Line und Thomas, die mit ihrem Tandem vor zwei Wochen ebenfalls Istanbul passiert haben und in etwa die gleiche Route radeln wie wir. Sie haben uns den Weg geebnet und gewaltig vorgearbeitet. Auf ihrer Webseite finden sich alle Infos zur VISA-Beschaffung in Istanbul: Silktandem.com. Danke euch Beiden!!! Dennoch bleibt es für uns spannend. Die Konsulate befinden sich verteilt in ganz Istanbul. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Nachdem wir am Montag morgen schon auf dem kirgisischen Konsulat waren, erreichen wir eine halbe Stunde nach Öffnungzeit das usbekische Konsulat. Wir haben die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben, dass wir unseren Antrag noch abgeben können. Doch der nette Konsul drückt beide Augen zu, bittet uns allerdings, gegen 14 Uhr noch einmal mit fertig ausgefülltem Antragsformular, welches wir uns in der Stadt ausdrucken lassen sollen, zurückzukommen. (Zum Glück sind wir nicht in Deutschland.) In einem etwas suspekten Internetcafe lassen wir unsere Anträge ausdrucken und ausfüllen. Am nächsten Tag steht Kasachstan auf dem Programm. Dort fragt uns der junge Konsul erstaunt, ob es jetzt ein neuer Trend wäre mit dem Fahrrad durch die Welt zu reisen, da gerade eine Woche vorher schon mal ein Pärchen bei ihm war! Bevor wir gehen, fragt er vorsichtig, ob er uns noch eine Frage stellen dürfe: “To be honest, your ass must hurt, doesn’t it?”


Internet Cafe in Istiyne. Der Inhaber besteht darauf den Antrag selbst auszufüllen. Und so zahlen wir für seine "großzügige Hilfe" 10 Lira.

Internet Cafe in Istiyne. Der Inhaber besteht darauf den Antrag selbst auszufüllen. Und so zahlen wir für seine "großzügige Hilfe" 10 Lira.

 

Kirgisistan-Visum: Check!

Kirgisistan-Visum: Check!

 

Bis wir unsere VISA abholen dürfen haben wir eine Woche Zeit. Auf zur Stadtbesichtigung...

Bis wir unsere VISA abholen dürfen haben wir eine Woche Zeit. Auf zur Stadtbesichtigung...

Kapitel 21: Schwarzes Meer – Teil 2
BULGARIEN

Der Blick auf die von hier oben idyllisch wirkende, touristische Küste Bulgariens in der Nähe von Burgas

Der Blick auf die von hier oben idyllisch wirkende touristische Küste Bulgariens in der Nähe von Burgas

Couchsurfing

Nachdem wir über die Fahrradfahrer-Plattform “warmshowers.org” keinen Unterschlupf für die kommenden Tage finden konnten, haben wir uns entschlossen, auf die größere und bekanntere Community “Couchsurfing” zurückzugreifen. So haben wir schnell zwei Zusagen für die beiden großen bulgarischen Küstenstädte Varna und Burgas. In Varna verabreden wir uns mit Ognyan. Einem ruhigen, bedachten Typen Anfang dreißig. Er hat schon ganz Europa als Backpacker erkundet und ist darauf fixiert ultraleicht unterwegs zu sein. So staunt er nicht schlecht, als er unsere schwer bepackten Räder sieht. Ich hatte ihm zwar geschrieben, dass wir mit etwas mehr reisen, aber der Anblick macht ihn dann doch noch sprachloser, als er ohnehin schon ist. Er ist sehr bemüht uns den Aufenthalt in dem schönen Varna so angenehm wie möglich zu gestalten. Einer seiner Freunde hat ein Fahrradgeschäft. Dieser ist ganz heiß darauf uns kennenzulernen und gibt uns wie selbstverständlich einen kostenlosen Wartungs- und Reperaturservice. Zum Abschied bekommen wir zwei T-Shirts mit Firmenlogo geschenkt. Leider haben wir keine Verwendung für zwei “schwere” Baumwoll-T-Shirts. Und so werden wir sie wohl bei der nächsten Gelegenheit verschenken.


Wir laufen mit Ognyan durch den nächtlichen Park von Varna. THANK YOU!

Wir laufen mit Ognyan durch den nächtlichen Park von Varna. THANK YOU!

In Burgas dürfen wir in dem Doppelbett von Trifon übernachten. Er weicht auf die Couch aus. Trifon ist in unserem Alter, hat langes, gegräuseltes, schwarzes Haar, welches er streng zum Zopf zusammengebunden hat. Er ist in der Tourismusbranche tätig und so ist es sehr amüsant, als er uns trocken von seinen Erfahrungen bei der Abfertigung von “All-Inclusive-Touristen” berichtet.


Couchsurfing: Bei Trifon in Burgas. THANK YOU!

Couchsurfing: Bei Trifon in Burgas. THANK YOU!

 

Der Flughafen von Burgas: Mit dem Flieger ist man in etwa zwei Stunden hier. Unsere Reisezeit beträgt 69 Tage...

Der Flughafen von Burgas: Mit dem Flieger ist man in etwa zwei Stunden hier. Unsere Reisezeit beträgt 69 Tage...

Erholung

Bei beiden “Couchsurfern” mussten wir immer sehr früh morgens aufbrechen. Unser Körper schreit nach den anstrengenden “Berg”-Etappen bei heißen Temperaturen nach Schlaf und Erholung. Wir sind nun mal keine Extremsportler und jeden Tag Fahrradfahren, steckt unser Körper nicht immer ohne Spuren weg. Und so beschließen wir, als wir um zwanzig nach sieben in der noch menschenleeren Fußgängerzone von Burgas stehen, am heutigen Tag nicht weit zu fahren. Sondern einen netten Schlafplatz im 30 Kilometer entfernten Hafenstädtchen Sozopol zu suchen…


Morgens, 7.30 Uhr in der Fußgängerzone von Burgas...

Morgens, 7.30 Uhr in der Fußgängerzone von Burgas...

 

Wir müssen mal wieder Wäsche waschen und brauchen Internet. Da alle Campingplätze geschlossen haben, entscheiden wir uns für eine kleine nette Pension hoch über den Dächern Sozopols...

Wir müssen mal wieder Wäsche waschen und brauchen Internet. Da alle Campingplätze geschlossen haben, entscheiden wir uns für eine kleine nette Pension hoch über den Dächern Sozopols...

 

Die freundliche, ein wenig Deutsch verstehende kleine Bulgarin ist sichtlich erfreut über Gäste. Denn meist wird die Region nur zwei Monate im Sommer von Touristen heimgesucht.

Die freundliche, ein wenig Deutsch verstehende, kleine Bulgarin ist sichtlich erfreut über Gäste. Denn meist wird die Region nur zwei Monate im Sommer von Touristen heimgesucht.

 

Ein ganzes Appartment für uns allein für 15 Euro.

Ein ganzes Appartment für uns allein für 15 Euro.

 

Mit unserem Laptop machen wir es uns auf dem "Dorfplatz" bequem. Neugierig werden wir von den Anwohnern begutachtet, als wir unsere Landkarten von Aserbaidschan, Kasachstan und China dort ausbreiten...

Mit unserem Laptop machen wir es uns auf dem "Dorfplatz" bequem. Neugierig werden wir von den Anwohnern begutachtet, als wir unsere Landkarten von Aserbaidschan, Kasachstan und China dort ausbreiten...

 

Wir treffen das Pärchen aus New Zealand Jim und Claire. Sie sind in Istanbul gestartet und fahren nach Schweden zu ihrem dort lebenden Sohn....

Wir treffen das Pärchen aus New Zealand Jim und Claire. Sie sind in Istanbul gestartet und fahren nach Schweden zu ihrem dort lebenden Sohn....

 

Anna-Maria und Michael aus Deutschland. Rad- und Reiseerfahren.

Anna-Maria und Michael aus Deutschland. Rad- und Reiseerfahren.

 

Und die Radler Jürgen und Anita. Ebenfalls aus Deutschland.

Und die Radler Jürgen und Anita. Ebenfalls aus Deutschland.

Taxi to Baku

Auf unserem Weg entlang der Küste überholen uns immer mal wieder Fahrzeuge mit deutschem Kennzeichen. So weit nicht spektakulär. Doch diese Wagen sehen irgendwie anders aus. Sie tauchen immer in Dreier-Gruppen auf, sind beklebt mit vielen Logos und haben einiges an Gepäck dabei. Verdächtig. Auf einem entdecken wir die Worte “Taxi to Baku”. Ob es einen Zusammenhang mit dem dort stattfindenden Eurovision Songcontest gibt? Wir finden heraus, dass es sich um die sogenannte Allgäu-Orient-Rallye (www.allgaeu-orient.de) handelt. Ein Rallyeteam besteht aus 6 Personen und 3 Autos. Das Benutzen von Autobahnen ist verboten und die ganze Strecke darf nur auf Nebenstraßen gefahren werden. Es werden nur Fahrzeuge zugelassen, die mindestens 20 Jahre alt und straßentauglich sind. Jüngere Fahrzeuge dürfen nur mit, wenn sie weniger als 1111,11 Euro wert sind. Die Rallye soll kein Rennen sein, sondern eine Veranstaltung nach den Regeln der Straßenverkehrsordnungen der jeweiligen Länder (Ausnahme: Sonderprüfungen). Spaß, Völkerverständigung sowie humanitäre Zwecke stehen im Vordergrund. Am Ende bleiben die Fahrzeuge für einen guten Zweck im Zielland…


Das Rallye-Team... Warum das Auto so schmutzig ist? Offizielle Version: Eine spektakuläre Fahrt auf einer staubigen Piste. Inoffizielle Version: Ein Kasten Bier und eine Schaufel Sand! Klingt nach einer Menge Spaß! Gute Fahrt euch noch!

Das Rallye-Team... Warum das Auto so schmutzig ist? Offizielle Version: Eine spektakuläre Fahrt auf einer staubigen Piste. Inoffizielle Version: Ein Kasten Bier und eine Schaufel Sand! Klingt nach einer Menge Spaß! Gute Fahrt euch noch!




 

Tief im Wald

Nach unserem “Kurzurlaub” in Sozopol brechen wir auf in Richtung der türkischen Grenze. Wir halten unsere Füsse ein letztes Mal in das kühlende Wasser des Schwarzen Meeres und verlassen die Küstenstrasse dann in Richtung der Grenzstadt Malko Tarnowo inmitten des Strandscha-Gebirges und gleichnamigen Naturparks. Wir arbeiten uns Stück für Stück hinauf und sind schon beinahe frustriert, wenn die Strasse mal wieder berg ab führt, da wir uns diese Höhenmeter kurze Zeit später wieder neu erarbeiten müssen – bei für uns noch ungewohnter Hitze. So sind wir dankbar für die vielen eiskalten Quellen, die entlang der Strasse aus dem Berg sprudeln. Unser Nachtlager schlagen wir inmitten des endlos erscheinenden Laubwaldes auf. Es hört sich an, als würde Regen auf die Blätter prasseln, doch es sind tausende kleine Raupen, die sich über das Blattwerk hermachen. Aber wie auch der Regen ist es ein angenehmes, einschläferndes Geräusch, wenn man unter einem Zeltdach liegt. Einzig das leise hörbare Trommeln in einiger Entfernung erscheint uns ein wenig mysteriös und rätselhaft…






Entlang des Schwarzen Meeres...

Entlang des Schwarzen Meeres...




Gute Besserung an meinen Opa! Lorena

Gute Besserung an meinen Opa! Lorena

 

Durst!

Durst!

 

Makaber! Der Vogel hat wohl unabsichtlich die Reizwäsche einer Dame geklaut. Doch die Wäscheleine wurde ihm zum Verhängnis.

Makaber! Der Vogel hat wohl unabsichtlich die Reizwäsche einer Dame geklaut. Doch die Wäscheleine wurde ihm zum Verhängnis.

 

Irgendwie findet sich in der bulgarischen Natur eine Menge Unterwäsche...

Irgendwie findet sich in der bulgarischen Natur eine Menge Unterwäsche...

 

Hoch und runter Richtung türkische Grenze.

Hoch und runter Richtung türkische Grenze.

 

Ich kann nicht weiter runter schalten!!!!! (Und warum ist das Schild auf Deutsch?)

Ich kann nicht weiter runter schalten!!!!! (Und warum ist das Schild auf Deutsch?)

 

Wald

Wald

 

Kräftigendes Frühstück. Heute wollen wir die auf 700 Metern gelegene Türkische Grenze erklimmen...

Kräftigendes Frühstück. Heute wollen wir die auf 700 Metern gelegene Türkische Grenze erklimmen...

 

Raupennester am Wegesrand...

Raupennester am Wegesrand...

Kapitel 20: Schwarzes Meer – Teil 1
BULGARIEN




Auf nach Bulgarien

Wieder nähern wir uns einer Grenze. Wir versuchen mit unseren Kameras auf den letzten Metern noch ein paar Bilder der rumänischen Hunde einzufangen, doch wenn man die Kamera parat hat, fallen sie uns natürlich nicht mehr an. Vielleicht eine geheime Abwehrmethode? Vielleicht sind sie Kamerascheu? In Bulgarien wird uns ja sicherlich noch einer der Vierbeiner vor die Kamera springen. Doch kaum haben wir die Grenze passiert, sind die Hunde verschwunden. Kein Einziger läuft uns mehr über den Weg. Es ist faszinierend, dass sich nach jeder Grenze doch merklich das Bild ändert. Andere Strassen, andere Menschen, ein anderes Landschaftsbild. Seit langem sehen wir endlich einmal wieder hochgewachsene Laubbäume, und lila Flieder, dessen Geruch sich in unserer Nase breit macht, blüht überall entlang des Weges. Der Wind ist heute unser Gegner. Er bläst uns entgegen, so dass wir kräftig in die Pedale treten müssen, als ginge es steil bergauf. Das Vorankommen gelingt nur schwer und ist zermürbend. So sind am Ende des Tages unsere Kräfte aufgebraucht und wir hoffen auf eine ruhige Nacht. Timm möchte das Zelt nahe der Strasse in einem kleinen Wäldchen aufbauen, das zwar geeignet scheint, aber nicht wirklich als idyllischer Schlafplatz bezeichnet werden kann. Denn wenn wir schon am Meer sind, möchte ich auch in dessen Sichtweite Zelten. Meine Sturheit siegt. Wir fahren weiter. Ob meine Entscheidung gut ist, weiß ich nicht. Die Sonne lugt gerade noch am Horizont hervor und ich hoffe wir müssen meinetwegen das Zelt jetzt nicht im Dunkeln aufbauen. Das lasse ich mir natürlich nicht anmerken… Endlich zeigt sich dann eine Strasse die links ab in Richtung Meer führt. In dem Dorf, durch das wir mit unseren bepackten Rädern rollen, schenken uns die Menschen natürlich ihre volle Aufmerksamkeit. Kurz dahinter zeigt sich uns plötzlich ein wahrhaft traumhafter Anblick: Vor uns fällt die Küste steil ab und die Strasse schlängelt sich in Serpentinen durch eine Landschaft aus wildbewachsenen, sattgrünen Wiesen und schroffen Kalkfelsen.


Traumhafte Aussicht. Erholsame Ruhe.

Traumhafte Aussicht. Erholsame Ruhe.

Mit letzter Energie schieben wir die Räder nacheinander und mit vereinten Kräften einen Steilhang hinauf. Der Platz ist traumhaft. Wir küren ihn zum bisher schönsten Schlafplatz der Reise. Schade nur, dass uns nur noch einige Minuten Tageslicht bleiben, um den fantastischen Ausblick zu genießen. So wird mal wieder im Dunklen gekocht. Und unter sternenbesetztem Himmel diskutieren wir mampfend, ob das Licht des Leuchtturms, den man in der Ferne sieht, vielleicht schon der Bosporus sein kann?


Ein etwas mühsamer Aufstieg...

Ein etwas mühsamer Aufstieg...

 

...aber ein wunderschöner Schlafplatz!

...aber ein wunderschöner Schlafplatz!




Langsames Zusammenpacken am Morgen. Am liebsten würden wir hier noch eine Nacht verbringen.

Langsames Zusammenpacken am Morgen. Am liebsten würden wir hier noch eine Nacht verbringen.




 

Entlang der Küste

Am nächsten Tag folgen wir der Straße entlang der Küste. Es ist ein wahrer Genuss. Die Natur ist herrlich und die Straße kaum befahren. Immer wieder bleiben wir stehen, um einen Blick hinunter auf das glasklare, türkisfarbene Wasser zu werfen. Für unsere Beine jedoch, ist die gewählte Route nicht ganz so entspannend. Ein Wechsel aus Auf und Ab, wobei uns die erfrischenden Abfahrten wesentlich kürzer erscheinen. Bei knapp 30 Grad kommen wir ordentlich ins Schwitzen und freuen uns auf eine schöne Stelle am Meer, um uns Abkühlung zu verschaffen. Doch die Strasse tut uns diesen Gefallen nicht. Sie erlaubt uns zwar häufig einen Blick auf das kühle Nass, doch immer mit ausreichender Entfernung.














Wir genießen die wunderschöne Natur Bulgariens...

Wir genießen die wunderschöne Natur Bulgariens...

 

Schildkröten-Rettungs-Aktion: "Hörst du kleine Schildkröte. Über die Strasse laufen ist gefährlich!"

Schildkröten-Rettungs-Aktion: "Hörst du kleine Schildkröte. Über die Strasse laufen ist gefährlich!"

 

Ob man mit unseren bepackten Rädern wirklich schneller voran kommt als im Schildkrötentempo?

Ob man mit unseren bepackten Rädern wirklich schneller voran kommt als im Schildkrötentempo?

 

Aussicht auf die Wälder von Bulgarien. "Da hinten müssen wir lang!"

Aussicht auf die Wälder von Bulgarien. "Da hinten müssen wir lang!"




Uns läuft eine Horde Wildschweine über den Weg. Sichtlich unbeeindruckt von uns und unseren Rädern wühlen sie sich ungestört weiter durch das Laub.

Uns läuft eine Horde Wildschweine über den Weg. Sichtlich unbeeindruckt von uns und unseren Rädern wühlen sie sich ungestört weiter durch das Laub.

 

Eines der Schweine sieht irgendwie merkwürdig aus! Ob das auf eine geheime Affäre mit einem Hausschwein zurückzuführen ist?

Eines der Schweine sieht irgendwie merkwürdig aus! Ob das auf eine geheime Affäre mit einem Hausschwein zurückzuführen ist?

 

Es schüttet wie aus Eimern! Als das Zelt steht, sind wir nass bis auf die Unterhose...

Es schüttet wie aus Eimern! Als das Zelt steht, sind wir nass bis auf die Unterhose...

 

Hier drinnen ist es schön trocken!

Hier drinnen ist es schön trocken!

 

Am nächsten Morgen ist das Wetter wieder super und die Laune auch!

Am nächsten Morgen ist das Wetter wieder super und die Laune auch!

KAPITEL 19: Wir wollen ans Meer!
RUMÄNIEN




Die unüberwindbare Strasse

Timm: Auf der engen, überfüllten Ringstrasse fahren wir in einem großen Halbkreis von West- nach Ost-Bucarest. Dan hat uns empfohlen, danach den sogenannten “Sunshine” Highway zu benutzen. Eine neu ausgebaute Autobahn, die geradewegs 280 Kilometer von Bucarest zum Schwarzen Meer verläuft. Er verspricht uns eine breite Strasse mit großem Seitenstreifen und Raststätten mit sauberen Toiletten und Duschen. Die letzten dreißig Kilometer um Bucarest haben uns einmal wieder an unsere nervlichen Grenzen geführt. Doch jetzt wird Alles gut! Nur noch die letzte Kurve zur Auffahrt auf den Highway. *ZONK* Das überdimensional große Schild über der Strasse, welches auch mit fortgeschrittenem Grauen Star noch zu erkennen ist, schlägt uns ins Gesicht: “KEINE KUTSCHEN UND FAHRRÄDER!” Lorena und ich bleiben stehen. Was jetzt? Lorena macht Druck und fordert wie immer genervt eine Entscheidung von mir. Ich entscheide: Erst mal Mittagspause! Also kauen wir ganz romantisch auf der Grünfläche der Autobahnauffahrt trockenes Fladenbrot mit Frischkäse und starren kommentarlos vor uns hin. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell aus Dan’s behütetem Zuhause wieder in die Realität des Nomaden-Lebens zurückgeworfen werden. Wir suchen nach Alternativen: 15 Km zurück liegt die alte Landstrasse nach Constanta. Oder wir fahren nicht dorthin, sondern direkt nach Bulgarien? Lorena will weder zurück, noch auf die Autobahn. Will auch nicht nach Bulgarien und auch nicht auf der Grünfläche bleiben. Das macht es mir nicht gerade leicht eine Entscheidung zu treffen. Aber der Reiz auf der schnurrgeraden Autobahn mit dem Fahrrad zu fahren ist groß und ich kann Lorena überzeugen, dass dies eine verdammt gute Idee ist.






Lorena: Ich bin genervt und habe keine Lust auf einen Umweg. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, beschließen wir, für einige Kilometer illegaler Weise den einladenden, schnurgeraden Highway zu nutzen. Und wenn die Polizei kommt, stellen wir uns eben auf dumm. Tatsächlich schaue ich aber dennoch ständig in meinen Rückspiegel und warte auf das Blaulicht, welches uns dann aus dem Verkehr zieht. Es ist angenehm zu fahren. Beinahe wie mit dem Auto. Mit für uns enstsprechend rasender Geschwindigkeit (27 km/h!) rasen wir den endlos geraden Highway entlang. Wo ist denn bei diesem Fahrrad jetzt bloß der Tempomat? Nach einiger Zeit wird uns langweilig und die Angst vor dem Strafzettel der Polizei nicht weniger, als wir an einer Raststätte an einem Streifenwagen der Autobahnpolizei vorbeifahren. Glücklicherweise schläft der Fahrer des Wagens und wir beschließen das Glück nicht herauszufordern und auf die parallel verlaufende Landstrasse zu wechseln. Statt eines Strafzettels nutzen wir das Geld lieber für eine warme Dusche…


Timm: Nach insgesamt hundert Kilometern machen wir Schluss und fragen einen Tankwart um Camperlaubnis. Sein Kollege ist Wachmann des gegenübergelegenen geschlossenen Restaurants. Hier dürfen wir die Nacht im Garten verbringen. Auch der nächste Tag verläuft eigentlich ohne große Zwischenfälle und so kommen wir erneut auf hundert Kilometer. In Fetesti stoßen wir wieder auf die Donau, welche sich mittlerweile optisch merklich dem Delta nähert. Die Donau hat sich in zwei große Arme geteilt. Der Grünstreifen dazwischen ist etwa zehn Kilometer breit, und die einzige Strasse über diese Fläche und die beiden Donau-Arme in das auf der anderen Seite liegende Cernavoda ist unser alter Freund die Autobahn. Die Alternative wäre ein Umweg von 150 Km. Also keine wirkliche Option. Wir beschließen, noch am selben Tag über die erste Brücke auf die Insel zu fahren, um dort zu übernachten. Also zurück auf die Autobahn. Direkt vor der Brücke taucht eine Maut-Station auf. Wir können schon erahnen, dass das nicht lustig wird. Langsam rollen wir auf das Bollwerk zu. Ein Beamter hat uns schon entdeckt und kommt aus seinem Häußchen. Er gibt uns zu verstehen, dass wir von seiner Seite aus gerne dort lang fahren können, doch dass die Polizeibeamten, die direkt hinter der Mautstelle schon auf uns warten, wahrscheinlich weniger tolerant sind. Ich steige vom Fahrrad und laufe – vorbei an der Mautstelle – auf zwei Polizisten zu, welche mit verschränkten Armen lässig an der Motorhaube ihres Wagens lehnen und unsere Räder schon von weitem misstrauisch begutachtet haben. Ich lasse meinen ganzen Charme spielen, soweit mein Talent für Charme das zulässt, und bekomme ein zittriges Grinsen hin. Die Polizisten sind unbeeindruckt. Englisch spricht natürlich auch Keiner. Auf der Karte zeige ich, dass wir nach Cernavoda möchten. Sie zeigen auf die Brücke. Ein Hoffnungsschimmer. Doch dann: “Bicicletta, NO!” Äh, wie jetzt? Wir wollen doch ans Schwarze Meer. Nicht ein mal Betteln hilft. Der Polizist zeigt emotionslos auf die Überwachungskamera in seinem Auto. Keine Chance. Ich laufe enttäuscht zurück zu Lorena, welche mit den Rädern noch vor der Mautstation auf mich wartet. 150 Km Umweg… So kurz vor dem Ziel. Du kannst das Meer schon fast riechen und dann Das. Es ist mittlerweile Abend und wir werden es wahrscheinlich vor der Dunkelheit nicht mehr aus der Stadt schaffen. Also beschliessen wir gezwungenermaßen das nächste Hotel aufzusuchen. Noch auf der Autobahn spricht uns eine Frau aus ihrem Garten heraus an. Wir hoffen, dass sie uns bei der Schlafplatzsuche behilflich ist. Doch soweit kommt es nicht. Der Streifenwagen von eben hält neben uns, und die beiden Polizisten fordern uns mit Nachdruck auf die Autobahn endlich zu verlassen. Und so fahren wir mit Polizeischutz davon… Vielen Dank Herr Polizei!






In einem sehr ärmlichen Stadtteil werden wir von einer Kutsche mit fünf “Zigeunerkindern” überholt. Die Kutsche besteht aus vier Autoreifen und ein paar Brettern. Das Pferd ist abgemagert, das Fell stumpf, struppig und verklebt von Dreck. Sie sind sehr freundlich zu uns, doch es fällt schwer nach so vielen Horrorgeschichten über diese Bevölkerungsgruppe, Ihnen unvoreingenommen zu begenen. Wir fragen nach einem Hotel. Sie sind erfreut über unsere Offenheit und deuten uns an, uns dorthin zu führen. Als wir in Kollone (Kutsche, Fahrrad, Fahrrad) durch den Vorort rollen, bekommen wir von allen Seiten irgendwelche Zurufe. Die meisten Leute schauen böse und viele schütteln mit dem Kopf. Wir sind verunsichert, wissen nicht wie wir die Situation einschätzen sollen. Die Kinder sind sehr freundllich, wollen neugierig unsere Namen wissen und weisen uns letztendlich den richtigen Weg zum Hotel. Ich gehe hinein, um nach dem Preis zu fragen. Lorena bleibt bei den Rädern. Während die Rezeptionistin mir diesen zusammenrechnet und auf ein Blatt Papier krizzelt, schaue ich aus dem Fenster. Ein Polizist steht bei Lorena. Verdammt, bekommen wir jetzt doch noch die Rechnung für unseren Autobahnausflug?


Lorena: Der freundlich lächelnde Polizist kommt auf mich zu und fragt, ob wir heute Nacht in dem Hotel bleiben? “Ja”, antworte ich. Was soll ich auch anderes sagen. Nein, wir schauen erst mal, ob es uns zu teuer ist und wenn ja schlagen wir illegalerweise unser Zelt ein paar Meter weiter in den Büschen auf? Er ist sichtlich beruhigt über meine Antwort und trichtert mir daraufhin ein, dass wir auf keinen Fall weiterfahren sollen. Das Dorf, welches in der Richtung liegt, in die er weist, sei gefährlich und die Leute kriminell. Darauf verabschiedet er sich und fährt davon. War der jetzt nur da, um uns das zu sagen? Und woher weiß er, dass wir hier sind? Vielleicht sollten wir heute Nacht dann wirklich hier bleiben. Es blitzt. Ein Zeichen? Naja, auf jeden Fall verbringen wir die Nacht nach wohltuender Dusche in einem richtigen Bett.


In einem ruhigen Moment auf der rumänischen Autobahn.

In einem ruhigen Moment auf der rumänischen Autobahn.

Am nächsten Morgen versuchen wir erneut unser Glück, auf die andere Seite der Donau zu gelangen. Unser Plan: Wir fahren mit dem Zug. Als wir am Bahnhof eintreffen, der sich unmittelbar neben der Mautstelle von gestern befindet, rollt gerade ein Zug in Richtung Constanta los. Wir freuen uns, dass hier also tatsächlich Züge in die gewollte Richtung fahren. Als wir allerdings herausfinden, dass dieser Zug der Letzte vor vier Uhr am Nachmittag war – es ist gerade 10 Uhr – verschlechtert sich unsere Stimmung schnell wieder. Ich fahre nicht aussen herum! Punkt! Habt ihr schon mal versucht mit zwei voll bepackten Rädern per Anhalter zu fahren? Wir probieren es aus. Und schaffen es tatsächlich den ein oder anderen Sprinter bzw. Pick-Up zum Anhalten zu bewegen. Als wir dann aber auf unsere Räder zeigen, ernten wir immer wieder Kopfschütteln. Ein Taxifahrer wittert seine Chance und macht uns das Angebot uns für 100 Lei (umgerechnet ca. 20 Euro) zu fahren. Doch uns ist unser Geld zu schade. Das muss doch auch anders gehen. Aber niemand nimmt uns mit. Ich warte schon halb verzweifelt bei den Rädern, während Timm direkt an der Strasse weiter sein Glück versucht.


Timm: Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein Wagen der Autobahnpolizei oder sowas in der Art. Sie schauen uns von Weitem zu, wie wir verzweifelt versuchen per Anhalter auf die andere Seite zu kommen. Nach circa einer Stunde erfolglosem Warten, kommen sie zu uns herübergefahren. Ich befürchte schon, dass wir wieder einen Autobahn-Platzverweis bekommen. Doch die beiden Herren in dem Auto bieten sich an, uns mit Blaulicht auf die andere Seite zu begleiten. Großartig! Dann deutet er mir allerdings an, dass es etwas kostet. Ich frage Wieviel. Er fragt, was ich bereit bin zu zahlen. Ich sage: “40 Lei?” Er sagt: “Einverstanden.” Also fahren wir wieder einmal unter Polizeischutz auf der Autobahn. Diesmal in die richtige Richtung. Über die erste Brücke. Jetzt nur noch 10 Kilometer über die Insel und über die zweite Brücke, dann haben wir es geschafft. Aber unserem Sicherheitsdienst scheint die Lust vergangen zu sein. Sie halten an und fordern ihr Geld ein. Na super. Voll abgezockt. Wir fahren alleine weiter. Was uns wohl hinter der zweiten Brücke erwartet? Wieder eine Mautstation? Wieder eine Polizeitstreife, die uns aus dem Verkehr zieht? Wir versuchen unsere schlechte Laune zu besänftigen, indem wir uns einreden, dass ein Zugticket bestimmt genauso teuer gewesen wäre… Ja klar!


Auf der zweiten Brücke verabschieden wir uns noch ein letztes Mal von der Donau, da wir diese nun bis zum Ende unserer Reise wohl nicht mehr wiedersehen werden! Als wir dann gerade von der Autobahn abfahren wollen, überholen uns hupend die beiden “Polizisten” von eben. Wir sollen ihnen in eine schottrige Straße folgen. Eine Abkürzung? Nochmal Abzocken? Am liebsten würde ich sie ignorieren… Aber irgendwie fahre ich trotzdem hinter ihnen her. Als der Weg nach einer Kurve wieder auf die Straße führt, welche von der Autobahn abzweigt sehen wir den Grund. Eine Polizeisperre, welche alle von der Autobahn kommenden Autos kontrolliert. Glück gehabt. Dann waren die 40 Lei doch noch für etwas gut!


Tschüss Donau, du warst ein toller Begleiter!

Tschüss Donau, du warst ein toller Begleiter!

 

Steht ein Pferd auf der Strasse...

Steht ein Pferd auf der Strasse...

Wie weit ist es noch bis zum Schwarzen Meer?

Jetzt ist es nicht mehr weit. Wir haben die unpassierbare Autobahn überquert! Gemütlich kochen wir uns ein Süppchen zur Mittagspause und machen es uns in der Sonne bequem. Es ist ein Uhr. Nur noch 40 km bis Constanta. Das ist entspannt zu fahren. Doch kaum haben wir uns wieder in Bewegung gesetzt, ruft Timm von hinten: “Stopp!” Ein Platten. Ach man! Gerade lief es so gut und wir liegen prima in der Zeit. Und dann auch noch am Hinterrad. Also Kette runter, Reifen raus, Platten flicken. Eine streunende Hündin kommt vorbei und schaut mit hungrigem Blick auf den Keks, den ich mir gerade in den Mund schiebe, während Timm am Rad werkelt. Ich halte mich bei dieser Arbeit bewusst zurück, da der Mann meint es besser zu können. So ist der Reifen relativ schnell geflickt. Alle Taschen zurück ans Rad und weiter. Nach nur 200 Metern hält Timm erneut an. Ich frage mich, was nun wieder los ist. Er hält einen rostigen Nagel in der Hand. “Das ist jetzt nicht dein Ernst? Noch ein Platten?!” Mir ist es unbegreiflich, wie man innerhalb weniger Meter zwei Mal direkt hintereinander einen Platten haben kann! (Die letzten 3.000 Kilometer ging es doch auch ohne!) Aber wahrscheinlich ist Timm darüber auch nicht sehr glücklich. Wir reparieren wortlos auch den zweiten Platten. Nun wird die Zeit knapp. Wir fahren so schnell wie möglich in Richtung unseres Zielortes. Es wird immer dunkler. Das Meer ist noch nicht einmal in Sicht. Um uns herum befinden sich Vorstadtsiedlungen von Constanta und Industriegebiete. Aus dem Dunkeln springt plötzlich eine Meute Hunde und kläfft uns gefährlich an. Wir schreien die Viecher an, um sie uns vom Leib zu halten. Ein Mann mit einem Besen kommt hinzu und verscheucht sie. Ich bin nervlich und körperlich erschöpft. Die Strasse ist sehr dunkel und wenig beleuchtet, der Verkehr immer noch sehr stark und am Horizont blitzt es immer wieder heftig. Als wir endlich die Stadt erreichen, nehmen wir das erstbeste Hotel, was wir finden können. Eine gute Gelegenheit, die Taschen mal wieder zu säubern. Doch stattdessen futtern wir noch ein Stück Brot und beschließen einfach Nichts zu tun und einen entspannten Rest-Abend vor dem Fernseher zu verbringen. Gute Nacht!


Ausruhen im Hotel in Constanta (Dusche, Bett, Erholung und Frühstück für 23 Euro)

Ausruhen im Hotel in Constanta (Dusche, Bett, Erholung und Frühstück für 23 Euro)

 

Erst am nächsten Morgen und bei Sonnenschein werfen wir nach 2737 mit dem Rad gefahrenen Kilometern am 21. April 2012 einen ersten Blick auf das Schwarze Meer.

Erst am nächsten Morgen und bei Sonnenschein werfen wir nach 2737 mit dem Rad gefahrenen Kilometern am 21. April 2012 einen ersten Blick auf das Schwarze Meer.

 

Zwei Tage Pause auf einem Campingplatz kurz vor der bulgarischen Grenze. Da wir die einzigen Gäste sind, nutzen wir den Platz aus...

Zwei Tage Pause auf einem Campingplatz kurz vor der bulgarischen Grenze. Da wir die einzigen Gäste sind, nutzen wir den Platz aus...

 

Strandtag ohne Baden. Das Wasser ist leider noch zu kalt!

Strandtag ohne Baden. Das Wasser ist leider noch zu kalt!

Die wilden Hunde Rumäniens

Es kursieren die verrücktesten Geschichten über die Hunde Rumäniens. Wir bekommen sogar erzählt, dass Rudel wild lebender Hunde über Menschen herfallen. So wurden wir schon vor unserer Reise immer wieder vor ihnen gewarnt. Besonders auf Radfahrer hätten sie es abgesehen. Und tatsächlich sorgen sie regelmäßig für den nötigen Adrenalin-Kick beim Fahrradfahren. Urplötzlich springen sie manchmal aus einer Hecke heraus auf uns zu und rennen kläffend hinter uns her. Wir arbeiten an verschiedenen Methoden zur Hundeabwehr. Eine, die sich besonders gut bewährt hat, ist das abrupte Stehenbleiben mit gleichzeitig lautem Schreien. Meist stellt sich heraus, dass die Hunde dann mehr Angst vor uns haben, als wir vor ihnen. Obwohl ich Hunde liebe, entwickelt sich bei mir teilweise eine richtige Abneigung gegen die Vierbeiner, die so verwahrlost sind, dass sie manchmal richtig unheimlich aussehen, wenn sie Zähne fletschend vor einem stehen.


Sie lauern und warten auf Fahrradfahrer.

Sie lauern und warten auf Fahrradfahrer.

Kapitel 18: The Bear and the Fox
BUCAREST




The Bear and the Fox

Es ist fast schon Gewohnheit, dass wir es uns zum Frühstücken im Vorzelt von Mike (gesproch. Micki) und Dan gemütlich machen. Was bei dem anhaltenden Regen wesentlich angenehmer ist, als in unserem kleinen Zelt zu kauern. Sie unterschreiben auf unserem T-shirt mit the Bear and the Fox, was optisch auch ganz gut auf sie zutrifft. Die Beiden bemuttern und bevatern uns wo sie nur können und es gibt ein herrliches Oster-Frühstücks-Buffet. Mike führt uns in die rumänischen Osterbräuche ein, die hier unserer Meinung nach mehr Bedeutung für die Menschen haben, als in Deutschland. Wahrscheinlich bekommt man aber auch ein anderes Bewusstsein dafür, wenn man den nötigen Abstand zum Bekannten hat und mit Neuem und Fremdem konfrontiert wird. Eine schöne Geste ist zum Beispiel, dass man die Ostereier nicht einfach vertilgt, sondern man sie sich gegenseitig “anschlägt” und etwas auf Rumänisch sagt, was so viel heißt wie “Gott sei mit dir!” Dan kommt plötzlich auf die Idee, dass sie uns und die Räder bis nach Bucarest in ihrem Wohnwagen mitnehmen können. Timm und ich schauen uns an und entscheiden, dass dies kein allzu schlechter Plan ist. Wir hatten sowieso mit dem Gedanken gespielt ab Bucarest eine Zugverbindung zu nutzen, um die Zeit, die wir in den Karpaten verbracht haben wieder aufzuholen. So werden am Ostermontag die Fahrräder und unser Gepäck – nicht ganz nach deutschen Idealvorstellungen – am Wohnwagen verschnürt und verzurrt und wir brechen auf in Richtung der rumänischen Hauptstadt. Leider, denn wir wären gerne noch ein paar Wochen länger in Herculane geblieben!
Dan führt ein Limousinen-Unternehmen in Bucarest und der Mercedes, in dem wir nun äußerst komfortabel reisen, ist das Flaggschiff seiner Flotte. Ein Auto mit deutscher Vergangenheit: Angeblich war Boris Becker der Erstbesitzer. Dieser ist mit dem Mercedes nach Rumänien gefahren und hat ihn dort dem rumänischen Tennisstar Nastase geschenkt, welcher aber für so einen gepanzerten Mercedes keine Verwendung fand und ihn an Dan verkaufte.




Aufbruch. Wir verlassen schweren Herzens Herculane.

Aufbruch. Wir verlassen schweren Herzens Herculane.

 

Ob das hält...?

Ob das hält...?

Kurz nach dem Staudamm des Eisernen Tores machen wir eine Pause auf einem Schiff, welches als Restaurant dient. Zum Glück entscheiden wir uns zum zweiten Mal die Fischsuppe zu probieren und müssen feststellen, dass sie hier deutlich besser schmeckt als in dem Restaurant in Ungarn. Um uns bei den Beiden zu revanchieren, beschließen wir sie einzuladen. Dan ist irritiert und gesteht, dass er sich gar nicht erinnern kann, wann er das letzte Mal eingeladen wurde. Doch sie nehmen unsere Einladung dankend an. Eigentlich dachten sie wir würden “The German Way” bezahlen: Dan, der durch seinen Beruf mit Menschen verschiedenster Nationalität zu tun hat, erzählt, dass den Deutschen der Ruf anhängt, Rechnungen grundsätzlich zu teilen. Und wenn ich das so überdenke, habe ich während meiner Zeit in der Gastronomie tatsächlich einige Zeit damit verbracht Rechnungen in verschiedensten Variationen neu zu addieren: “Die Getränke übernehmen wir, das Essen zahlt jeder selbst.” “Ich zahle eine halbe Wasserflasche.” Oder Ehe-Paare, bei denen dennoch jeder seinen Teil selbst übernimmt. The German Way eben. So kommt es laut Dan auch nur bei den deutschen Kunden vor, dass ein Shuttletermin für exakt 13.55 Uhr gebucht wird. Und so lernt man im Ausland eine Menge über sich selbst…






Über das Reisen mit dem Auto…

Die Fahrt nach Bucarest zieht sich, da die Straßen hier nicht besonders gut ausgebaut sind und der Verkehr aufgrund des Oster-Wochenendes besonders stark ist. Man reist zwar schneller, als mit dem Fahrrad, dennoch kommt es mir wesentlich länger vor. Man erlebt Nichts, die Landschaft zieht in kurzlebigen Bildern an einem vorbei und man sitzt über Stunden starr auf seinem Platz. Timm und mir ist zwischenzeitig etwas übel. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir diese rasante Reise-Geschwindigkeit von über 100km/h nicht mehr gewohnt sind. Dennoch ist die Fahrt sehr interessant und uns wird trotz allem nicht langweilig, da man Dan als wandelndes Lexikon bezeichnen kann. Er erzählt gerne und viel und weiß eine Menge über Rumänien, die zugehörigen Leute und allerlei Anderes zu erzählen. In brilliantem British English. Irgendwie herrscht ein sehr vertrautes Gefühl zwischen uns und den Beiden. So müssen wir besonders herzlich lachen, als wir uns unsere gegenseitigen “Verschwörungs-Theorien” beichten. So gestehen Dan und Mike, dass sie sich nicht sicher waren, ob es gut ist “Hitchhiker” mitzunehmen, doch wenn wir vorgehabt hätten, sie auszurauben oder zu töten, es wahrscheinlich schon längst getan hätten. So sind sie inzwischen zu dem Schluß gekommen, dass wir wohl keinerlei kriminelle Absichten haben und nicht vorhaben ihnen ihre IDs zu entwenden. Timm hatte sich ebenfalls Gedanken zur “Gegenpartei” gemacht, als wir beide an einer Raststätte auf Toilette waren, während Dan und Mike mitsamt all unserer Sachen – inklusive der Pässe und Geld – draussen im Caravan gewartet haben. Und als Dan uns auf dem Campingplatz in Herculane den Rotwein auf den Tisch stellte, dachte ich beim Trinken an Schlafmittel, Gift und Drogen. Nach der im Nachhinein völlig absurden und sehr amüsanten Beichtstunde bietet uns Dan an, im Falle, dass wir keine Unterkunft finden, eine Nacht in ihrem Haus zu verbringen.


Ob das die richtige Entscheidung war?

Ob das die richtige Entscheidung war?

 

"Was meinst du Schatz? Bequem ist es ja schon, so zu reisen..."

"Was meinst du Schatz? Bequem ist es ja schon, so zu reisen..."

Zigeuner

Ich erinnere mich, dass ich als kleines Mädchen zu Fasching einmal als Zigeunermädchen verkleidet war. Ich habe das Kostüm geliebt. Goldene, lange Ohringe und bunte, faszinierende Kleider. Wahrscheinlich assoziieren die Meisten so wie ich das Wort “Zigeuner” mit einem geheimnissvollen, reisenden, Zirkusähnlichen Volk. In Rumänien zeigt sich uns eine andere, überraschende Realität. Es herrscht ein schwieriger Konflikt zwischen den “heimatlosen” Menschen (Roma, genannt Gypsies aus dem Englischen) und den Rumänen. Sie leben abgeschottet, gelten als unehrlich und faul mit kriminellen Absichten. Beinahe jeder Rumäne hält uns vor, sich ja vor diesen Leuten in Acht zu nehmen. Wir bekommen den Eindruck, dass die rumänische Bevölkerung sich unbedingt von den Roma abgrenzen will, die ihrer Meinung nach den Ruf des Landes beschmutzen. Dan erzählt uns, es bestehe ein richtiges kriminelles System, mit Anführern, die in bestimmten Gegenden in wahren Palästen residieren. Die meisten Roma haben keine ID, so ist es für die Polizei nahezu unmöglich, juristisch gegen kriminelle Machenschaften vorzugehen. Sehr erschreckend ist es, dass manche Rumänen sogar einige Theorien der NS-Zeit als richtig betrachten. Wir fragen uns, wie soll Jemand nicht kriminell sein, wenn ihm keine andere Chance geboten wird, sich in das “normale” Leben zu integrieren? Bei uns macht sich ein großes Interesse breit, den Konflikt einmal aus der anderen Perspektive zu betrachten. Gleichzeitig sind wir auch ein wenig eingeschüchtert, durch die vielen Warnungen uns vor diesen Menschen in Acht zu nehmen.


Indisch anmutendes Roma Haus.

Indisch anmutendes Roma Haus.


 

Unsere rumänische Familie

Aus einer Übernachtung werden drei. Wir haben in dem selbstentworfenen Holzhaus am See unser eigenes kleines Zimmer mit einem fantastischen Ausblick auf Bucarest. Dan hält es für unnötig, dass wir noch einmal umziehen und lädt uns ein, die Zeit, die wir in Bucarest bleiben möchten, bei ihnen zu verbringen. Als dann auch noch ein ordentlicher Sturm aufkommt, verbietet er uns beinahe schon am zweiten Tag aufzubrechen. Und so bleiben wir und fühlen uns unter diesen herzlichen Menschen pudelwohl. Dan´s Sohn Mihai, der etwa in unserem Alter ist, ist mit seiner frisch vermählten Frau Andreea zu Besuch. Es macht Spaß sich mit den Beiden auszutauschen. Sie haben zwei Jahre in England verbracht und so lernen wir nicht nur Einiges über die rumänische, sondern auch die englische Kultur aus rumänischer Sicht. Es ist köstlich ihnen zuzuhören, wenn sie fast schon Kabarett ähnlich von ihren Erfahrungen in dem zu Rumänien wohl absolut gegensätzlichen Land erzählen. Wir begleiten die Beiden in die Stadt und erleben wie in Rumänien die Miete “eingetrieben” wird. Wie man seinen Ausweis von den Behörden abholt. Wie man in Bucarest einen Parkplatz findet und Verkehrsregeln wohlwissentlich einfach missachtet.


Unser "Arbeitszimmer" bei Dan und Mike

Unser "Arbeitszimmer" bei Dan und Mike

 

Bis zur späten Stunde wird an den Berichten gearbeitet...

Bis zur späten Stunde wird an den Berichten gearbeitet...

 

Wir werden kulinarisch verwöhnt...

Wir werden kulinarisch verwöhnt...

 

Bratwurst-Brat-Contest! Deutsche Version: Mit Ketchup und Curry.

Bratwurst-Brat-Contest! Deutsche Version: Mit Ketchup und Curry.

Abschied

Dan will uns eigentlich noch nicht gehen lassen, da das Wetter immer noch nicht das Beste ist. Doch wir wollen weiter. Ansonsten hätte unsere “Auto-Zeit-Aufhol-Aktion” ihren Sinn verfehlt. So brechen wir in Begleitung von Mike, Mihai und Andreea, die langsam im Auto mit Warnblinkanlage vorweg fahren, in Richtung Constanta am Schwarzen Meer auf. Sie empfehlen uns die “Ring-Road” als besten Weg aus der überfüllten Stadt heraus. Ein letztes Mal Winken bevor wir auf die Abbiegespur auffahren. Ich weiß nicht, ob ich zu ängstlich bin, aber die Strasse ist der Horror! Zwischen der Leitplanke aus Beton und uns riesig erscheinenden LKW arbeiten wir uns bei starkem Verkehr Meter für Meter vorwärts. Der Straßenrand ist staubig und so sind wir nach wenigen Minuten “paniert”. Konzentriert fahren wir auf dem weissen Makierungsstreifen, um einer Kollision zu entgehen. Wir haben gerade einmal einen Meter Platz. Und so bleibt uns auch nichts Anderes übrig, als über das bereits plattgefahrene, kaum noch als Hund erkennbare Tier zu rollen, was plötzlich vor uns auftaucht *dudumb* *würg*… Verlassen können wir die Strasse dummerweise nicht, da wir mit Dan auf halber Strecke verabredet sind. Wir haben unser GPS-Gerät in seinem Auto liegen lassen und so fängt er uns ab, um uns das verlorengeglaubte Gerät zu überreichen. Endlich taucht dann der schwarze Mercedes auf! Eine kurze wohltuende Entspannungspause für die Nerven, ein letztes Foto mit unserem “Ersatz-Papa” Dan, eine Umarmung. Dann geht es weiter. Dan geleitet uns noch einige Kilometer und hält uns so den Rücken frei. Über eine Sprechanlage, wie aus Miami Vice, navigiert er uns aus der Stadt heraus. Sogar den Angriff zweier Hunde, die gefährlich nahe an Timms Wade kommen, wehrt er erfolgreich durch lautes Hupen ab. Da Dan uns leider nicht bis nach China begleiten kann, zieht der Mercedes irgendwann schließlich an uns vorbei. Ein letztes Winken und dann wird er kleiner und kleiner und wir sind wieder allein…


Wir bepacken die Räder für die Weiterfahrt.

Wir bepacken die Räder für die Weiterfahrt.

 

Unsere "Ersatzfamilie" aus Bucarest! THANK YOU FOR EVERYTHING!!!!

Unsere "Ersatzfamilie" aus Bucarest! THANK YOU FOR EVERYTHING!!!!

 

Good bye Dan! Hope to see you again in Herculane...

Good bye Dan! Hope to see you again in Herculane...